Sierra-Announcement verdirbt Mainframe-Appetit des Peripherie-Anbieters:

Storage Technology muß CPU-Abenteuer aufgeben

10.02.1984

FRANKFURT/LOUISVILLE - Die Ambitionen des Peripherie-Anbieters Storage Technology Corporation (STC), sich ein zweites Standbein im hartumkämpften Mainframe-Markt zu schaffen, sind zunächst gescheitert. Bei zu erwartenden Produktionsverzögerungen muß der Konzern das CPU-Geschäft jetzt aufgeben. Grund: Die Produktzyklen der IBM werden immer kleiner. Angesichts des bevorstehenden Sierra-Announcements erscheint deshalb die Vermarktung der für Herbst 1984 geplanten STC-Jumbos nach Aussagen des deutschen STC-Geschäftsführers Hartmut Bödefeld "wenig sinnvoll".

Noch im Dezember letzten Jahres wollte sich der Mainframe-Debütant durch eine "geschickte Nischenpolitik" mit einer IBM-kompatiblen Großrechnerserie auf

CMOS/VSLI-Technik ein "einträgliches Zusatzgeschäft" sichern (CW Nr. 51/52 vom 16. Dezember 1983).

In der momentanen Situation müssen die STC-Manager wohl ihre Ansprüche auf einen Anteil am PCM-Kuchen in den Wind schreiben. Konstatiert GmbH-Chef Bödefeld: "Bei unserer CPU-Entwicklung hat es Verzögerungen gegeben, so daß wir den Markteintritt zum geplanten Zeitpunkt nicht realisieren können." Um die CPU-Aktivitäten fortsetzen zu können, müsse das Unternehmen derzeit etwa sieben Millionen Dollar pro Monat investieren.

Der STC-Chef geht davon aus, daß insbesondere durch die Produktpolitik der IBM weder das angestrebte Preis/Leistungsverhältnis gehalten werden könne, noch eine Vermarktung in den kalkulierten Stückzahlen realisierbar sei. "Hätten wir, wie geplant, ab Herbst 1984 liefern können, wäre eine ganz andere Ausgangsposition vorhanden gewesen". ärgert sich Bödefeld, "so aber ist die nächste Rechnergeneration der IBM dann bereits auf dem Markt." Trete bei den PCMs heute eine Verzögerung auf, sei das Projekt bei den immer schneller werdenden Produktzyklen des Marktführers "praktisch tot" (Bödefeld). Die Unternehmensleitung habe sich deshalb entschieden, das Mainframe-Geschäft wieder aufzugeben.

Rechneten die STC-Verantwortlichen nach den Worten des deutschen Managers vor zwei Monaten noch mit weltweiten Einnahmen von einer Milliarde Dollar für das erste Jahr nach der Auslieferung, so haben sich die optimistischen Erwartungen des Peripherie-Anbieters mittlerweile geradezu ins Gegenteil verkehrt. Rund 50 Millionen Dollar hat STC nach Angaben Bödefelds in das Projekt investiert. "Diese Summe werden wir jetzt wohl abschreiben müssen"

konstatiert der Frankfurter Geschäftsführer. Wie US-Beobachter wissen wollen, könnten sich die Verluste insgesamt sogar auf etwa 200 Millionen Dollar belaufen.

Kenner der PCM-Szene warnten freilich von Anfang an vor allzu großem Enthusiasmus: In dem von Preis- und Positionskämpfen gekennzeichneten steckerkompatiblen Rechnergeschäft, so hieß es, müsse sich ein Newcomer, der weder über eine gestandene Mainframe-Crew noch über eine ausgebildete Service-Mannschaft verfüge, zwangsläufig schwertun.

Welche Alternativen nach diesem Jumbo-Rückzieher der Corporation nun bleiben, weiß auch STC-Chef Bödefeld nicht. Als sicher gilt jedoch nach Meinung von Marktbeobachtern, daß sich das Unternehmen trotz allem ein zweites Standbein im Markt schaffen muß. Wie auch die Entwicklung im 3380-Plattengeschäft zeige, sei es gefährlich, sich nur auf eine Gruppe von Erzeugnissen zu beschränken. Gebe es dort nämlich Einbrüche, sei die Existenzbasis schnell gefährdet.

Um wenigstens die CMOS-Technologie zu retten, soll ein Teil der rund 400 Mitarbeiter, die seit 1981 eigens für dieses Projekt eingestellt wurden, bei der STC-Tochter Micro Technology untergebracht werden, die Chips für STCs Disk-Controller fertigt. Auf die Bundesrepublik, so Bödefeld, habe die Aufgabe der Mainframe-Pläne keine Auswirkungen, da weder Personal eingestellt noch die Vertriebsstrategie auf die neuen Produkte ausgerichtet worden sei.