Leipzig Power Exchange brach Handel ab

Start verhindert: Strombörseversank im Datenstrom

23.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Eine Computerpanne verpatzte der ersten deutschen Strombörse ihren Auftakt. Am 14. Juni dieses Jahres wollte Leipzig Power Exchange (LPX) loslegen.

13 Teilnehmer hatten ihr Gebot für den Spotmarkt abgegeben. Dabei handelt es sich um einen Handel von Stundenkontrakten für die jeweils 24 Stunden des Folgetages. Der ermittelte Gleichgewichtspreis wird im Wege der zweiseitigen Auktion von Anbietern und Verbrauchern bestimmt.

Nachdem die LPX die Angebote bis zwölf Uhr gesammelt hatte und die Preisfindung eingeleitet war, hörte das Handelssystem - offenbar in einer Endlosschleife gefangen - nicht mehr auf zu rechnen. Bei der Meldung "Speicherfehler" schaltete die LPX die Computer ab und informierte die Stromhändler über den Ausfall.

Das Handelssystem, das auf Unix-Maschinen läuft, stammt von der skandinavischen Strombörse Nord Pool, Oslo, die einen Anteil von 35 Prozent an der LPX hält. Weitere 35 Prozent trägt die Landesbank Sachsen; der Freistaat Sachsen und die Stadt Leipzig sind zu je 15 Prozent an dem Unternehmen beteiligt.

Für den Einsatz der nordischen Software bei der LPX mussten Regeln des deutschen Markts adaptiert werden. Zum Beispiel ist der deutsche Strommarkt in eine nördliche und eine südliche Handelszone unterteilt. Somit muss die Software für den zonenübergreifenden Handel über Transitkomponenten verfügen, welche die Regeln und Gebühren für den Stroman- und -verkauf beinhalten. Die ostdeutsche Stromwirtschaft ist aufgrund des gesetzlich verankerten Schutzes der Braunkohleverstromung gänzlich vom freien Handel ausgeschlossen.

In der vergangenen Woche hatte die LPX gemeinsam mit 30 Energieunternehmen drei Tage lang den Ernstfall geprobt - nach Aussagen von LPX-Geschäftsführer Carlhans Uhle zu realitätsnahen Bedingungen. Doch so wirklichkeitsnah scheinen die Gebote der Testteilnehmer nicht gewesen zu sein. Nach Aussage von LPX-Marketingleiter Thomas Pilgram kam es am am 14. Juni zu anderen Preis-Mengen-Kombinationen. Sie waren komplexer und forderten dadurch mehr Rechenleistung. Die Verquickung mit der Anpassung des Handelssystems auf die deutschen Verhältnisse setzte das Computersystem außer Gefecht.

Den Energieunternehmen wie Preussen Elektra, Bayernwerk und RWE, die am ersten Tag dabei waren, blieb noch bis 14.30 Uhr Zeit für die Disposition des nächsten Tags. Einen finanziellen Nachteil habe es nicht gegeben, teilten die Energieversorger mit. Sie behalfen sich mit Telefaxen oder dem Handel an den Strombörsen in Amsterdam und London sowie auf dem eigenen "Trading-Floor".

Nach Angaben der LPX gingen bei ihr am Folgetag, als die Computer wieder liefen, 1836 Megawattstunden Strom über das Parkett. Der Durchschnittspreis lag bei 17,13 Euro pro Megawattstunde. Nord Pool hat ein tägliches Aufkommen von 210000 und die Amsterdamer Strombörse rund 15000 Megawattstunden pro Tag.