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Staatsanwaltschaft Bonn stellt Telekom-Verfahren teilweise ein

24.05.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Bonner Staatsanwaltschaft hat das jahrelange Strafverfahren gegen die Deutsche Telekom wegen möglicher Falschbewertungen von Immobilien zum Teil eingestellt. Die Einstellung der Ermittlungen betreffe die Jahre 1998 bis 2000, bestätigte Oberstaatsanwalt Fred Apostel am Dienstag in Bonn. In diese Zeit fielen der zweite (1999) und der dritte Börsengang (2000) der Telekom. Auf den millionenschweren Schadenersatzprozess enttäuschter Anleger gegen das Unternehmen vor dem Landgericht Frankfurt hat dieser Schritt nach Aussage des Gerichts voraussichtlich keinen Einfluss.

Zum Vorwurf der Falsch-Bilanzierung im Jahr 1995 mit Fortwirkung in den Jahren 1996 und 1997 und damit auch zu den Bewertungen zum ersten Börsengang stünden die Ermittlungen vor dem Ende, sagte Apostel. Sie sollten "in der nächsten Woche" abgeschlossen werden. Unklar ist, ob es hier zu zu einer Anklage kommt. Dazu äußerte sich Apostel nicht.

Die strittige Bewertung der Immobilien 1995 fand ihren Niederschlag in den Bilanzen und spielte beim Prospekt für das Börsendebüt der Telekom im November 1996 eine wichtige Rolle. Die Telekom hatte 2001 Wertberichtigungen in Höhe von drei Milliarden Euro auf ihr Immobilienvermögen vorgenommen.

Auch die Ermittlungen gegen den früheren Telekom-Vorstandschef Ron Sommer wurden nach Angaben von Apostel komplett eingestellt. Sommer sei "nicht nachzuweisen", dass er von einer möglichen Überbewertung der Grundstücke gewusst habe. Die Bewertungen seien bereits abgeschlossen gewesen, bevor Sommer seinen Posten als Vorstandschef im Mai 1995 angetreten habe. "Da war alles schon gelaufen."

Bei dem früheren Finanzvorstand Joachim Kröske gingen die Ermittler aber davon aus, dass er damals weitergehend informiert gewesen sei, sagte Apostel.

Entscheidend für die Einstellung der Ermittlungen für die Bewertungen ab 1998 sei es gewesen, dass es keinen "wesentlichen Fehler" in der Bewertung der Immobilien mehr gegeben habe. Dies wäre laut Apostel dann gegeben gewesen, wenn der überhöhte Ansatz eine bestimmte prozentuale Marge überschritten hätte. Wegen des angesammelten hohen Eigenkapitals der Telekom habe sich die Auswirkung aber auf unter fünf Prozent belaufen.

Die Bewertung der Telekom-Immobilien ist auch Anlass weiterer juristischer Auseinandersetzungen. Kleinaktionäre klagen vor dem Frankfurter Landgericht auf Entschädigung für erlittene Kursverluste von rund 100 Millionen Euro. Tausende Schadenersatzanklagen wurden wegen des dritten Börsengangs eingereicht. Die Aktionäre werfen der Telekom vor, im Börsenprospekt unrichtige Angaben gemacht zu haben.

Der Sprecher des Landgerichts Frankfurt, Stefan Möller, sagte dazu der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX: "Die strafrechtlichen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bonn haben keinen Einfluss auf das Zivilverfahren. Im Moment sehe ich keine Auswirkungen. Ich gehe davon aus, dass die Kammer das ähnlich sieht." Das Verfahren werde voraussichtlich am 25. Oktober fortgesetzt.

Die Bonner Staatsanwaltschaft hatte bereits Mitte 2003 einen ersten Teil ihrer Ermittlungen gegen die Telekom eingestellt. Sie sah den Verdacht auf Kapitalanlagebetrug und Falschbilanzierung in Bezug auf die technischen Anlagen nicht bestätigt. Das gelte auch für Risiken im Mobilfunkbereich. (dpa/tc)