Analyse-Tools für Voice over IP

Sprachpaketen im Datennetz auf der Spur

10.01.2003
MÜNCHEN (IDG/CW) - Spezielle Lösungen sollen Administratoren helfen, die Qualität von IP-Telefonaten sicherzustellen und mögliche Fehlerquellen ausfindig zu machen. Das amerikanische Testlabor Mierlabs untersuchte einige dazu geeignete Produkte auf ihre Stärken und Schwächen.

Die gleichzeitige Übertragung von Sprache und Daten im Netz stellt Administratoren vor neue Herausforderungen: Der Umstieg von der klassischen Telefonie auf die Sprachübertragung via Internet Protocol (neudeutsch Voice over IP) ist längst nicht so einfach, wie es die Hersteller glauben machen wollen. Das liegt daran, dass paketorientierte IP-Netze anderen Gesetzen gehorchen als die herkömmlichen, geswitchten TK-Infrastrukturen. Während Letztere den Teilnehmern für Telefonate immer eine durchgehende, exklusive Leitung bereitstellen, übertragen IP-Netze in der Regel Sprache und Daten gemeinsam, wodurch es zu Störungen kommen kann.

Spezial-Tools sind gefragt

In nicht für die Sprachübertragung optimierten Netzen drohen Echos, Verzögerungen, Knackgeräusche, schlimmstenfalls sogar Gesprächsabbrüche. Die Freude am Telefonieren über das LAN schlägt dabei schnell in Ärger um. Ohne eine vorherige eingehende Analyse der vorhandenen Netzinfrastruktur sollten Anwender die Finger von Migrationsplänen lassen.

Es gibt jedoch Spezial-Tools, mit denen sich die genannten Probleme umgehen lassen. Sie unterstützen die Anwender nicht nur im Vorfeld einer Migration, sondern sind auch notwendig, um den störungsfreien Betrieb sicherzustellen oder Fehlerquellen aufzuspüren.

Bei der Anschaffung einer Lösung sollten Unternehmen allerdings auf bestimmte Funktionen achten. So wäre es wünschenswert, dass:

- VoIP-Traffic in Echtzeit überwacht und Alarme erzeugt werden können,

- langfristige VoIP-Aktivitäten sich aufzeichnen und in Form von aussagekräftigen Statistiken auswerten lassen,

- die Möglichkeit besteht, VoIP-Traffic zu generieren, um beispielsweise den Bandbreitenbedarf, die Verfügbarkeit von VoIP-Knoten oder die Funktion von Call-Controll-Software wie H.323 oder SIP (Session Initiation Protocol) zu kontrollieren,

- die Sprachqualität automatisch überwacht werden kann,

- VoIP-bezogene Quality-of-Service-(QoS-)Parameter messbar sind,

- Sprachpakete und -protokolle sich decodieren lassen,

- Übertragungsprobleme intelligent diagnostiziert werden.

Die Mierlabs, ein auf Netzwerke spezialisiertes Test-Center, nahm einige VoIP-Test-Tools im Hinblick auf diese Anforderungen unter die Lupe. Das ernüchternde Ergebnis lautete: Von den Lösungen der Hersteller Acterna LLC, Agilent Technologies Inc., Finisair Corp., Netiq Corp. und Sniffer Technologies Inc. war keine in der Lage, alle diese Aufgaben zufrieden stellend zu erledigen.

Unternehmen sollten sich daher genau überlegen, für welche Zwecke sie ein Tool benötigen, bevor sie an die Anschaffung denken. Wenn es vorrangig um QoS-Messungen und das Decodieren von VoIP-Traffic geht, empfiehlt sich "Sniffer Voice" von Sniffer Technologies. Das Erfassen, Filtern und Auslesen von Datenpaketen gehört seit jeher zu den Stärken des Schnüfflers, die er auch in VoIP-Umgebungen ausspielt. Die meisten der wichtigen Anrufdaten werden von dem Tool erkannt und angezeigt. Zudem bietet das Tool eine breite Palette an Alarmen, die von Administratoren aktiviert werden können. Hingegen schafft es die Lösung nicht, gleichzeitige IP-Telefonate übersichtlich darzustellen.

Soll überdies auch die Sprachqualität bestimmt und VoIP-Verkehr erzeugt werden, eignen sich die Produkte der "Vivinet"-Suite von Netiq besser. Dazu gehören die drei Tools "Vivinet Manager", "Vivinet Assessor" und "Vivinet Diagnostics". Vivinet Assessor ist unter anderem in der Lage, bidirektionale VoIP-Ströme über das Netz zu senden. Je nach den dabei gemessenen Störungen erzeugt das Produkt dann Berichte über die zu erwartende Sprachqualität.

Die Stärken von "Surveyor 5.0" (im Verbund mit "Multi-QoS"- und "Packet-Blaster"-Software sowie dem Fullduplex-Monitor und Analyzer "THG") des Anbieters Finisair liegen laut Mierlabs vor allem in der Echtzeitüberwachung von VoIP-Umgebungen sowie in der Erzeugung von Alarmen. Außerdem eignet das Tool sich für das Decodieren von VoIP-Strömen. Während die Lösung allerdings SIP-basierende Anrufe problemlos erkennt und analysiert, ist das bei VoIP-Verbindungen auf Basis des Protokolls H.323 unglücklicherweise nicht immer der Fall.

Licht und Schatten

QoS-Messung und Echtzeitüberwachung zählen laut Mierlabs zu den besonderen Stärken von Acternas Netzanalysator "DA 3400" (getestet mit der Software "Ethernet Analysis 1.1" und dem optionalen VoIP-Analysemodul). Abgesehen vom Erzeugen von Sprachverkehr schnitt es ingesamt ziemlich gut ab. Der Administrator erhält detaillierte Ansichten über VoIP-Aktivitäten im Netz, Gesprächsqualität, Verzerrungen und Paketverluste. Auch das akkurate Aufzeichnen von aktiven und bereits beendeten Telefonaten gehört zu den positiven Merkmalen der Lösung, die sogar erkennt, ob bei einer Verbindung Pausenunterdrückung (Silence Suppression) aktiviert ist oder nicht. Leider hat Acternas Produkt Probleme, wenn SIP oder H.323 für den Aufbau von Verbindungen eingesetzt werden. (ave)