Timofónica bleibt auf Spanien beschränkt

Spanischer E-Mail-Wurm überfällt Mobiltelefone

16.06.2000
MÜNCHEN (CW) - Ein neuer E-Mail-Wurm ist aufgetaucht: "Timofónica" verschickt sich selbst als Short-Message-Service-(SMS-) Meldung an Mobiltelefone. Die Meldungen werden über den spanischen Mobilfunk-Provider Telefónica Móviles SA verbreitet. Das Ausbreitungsgebiet ist damit auf Spanien beschränkt.

Wie der Anfang Mai dieses Jahres aufgetauchte "Loveletter"-Wurm ist auch Timofónica in der Microsoft-Programmiersprache Visual Basic geschrieben. Der Wurm greift gleich seinem berüchtigten Vorgänger auf die Adressenliste des E-Mail-Systems "Outlook" zu und verschickt sich selbsttätig an alle Einträge. Ferner installiert das Programm eine Software auf dem befallenen Rechner, die dafür sorgt, dass beim nächsten Boot-Vorgang die Festplatte formatiert wird.

Neu ist beim Timofónica-Wurm der Angriff auf das Mobilfunknetz. Für jeden Eintrag im Adressbuch des Rechners generiert das Visual Basic Script (VBS) eine zufällige Telefonnummer mit der Vorwahl des spanischen Providers Telefónica Moviles und verschickt an diese Nummer eine SMS-Nachricht.

Die Behörden auf der iberischen Halbinsel vermuten, dass der Urheber des E-Mail-Wurms versuchen wollte, den SMS-Dienst des Betreibers mit einer Flut von Kurznachrichten zusammenbrechen zu lassen. Dieser Fall sei jedoch nicht eingetreten, erklärt Juan Carlos Fernandez, Sprecher bei Telefónica. Auch für die betroffenen Handy-Besitzer bestehe keine Gefahr, beruhigt Fernandez. Die SMS-Nachricht beschädige nicht die Mobiltelefone.

Das könnte sich aber bald ändern, glaubt Graham Cluley, Leiter für die Unternehmenskommunikation der Firma Sophos. Die Geräte besäßen in Zukunft eine stärkere Rechenleistung und könnten Programme ausführen. Damit wären die Handys jedoch auch ein leichtes Angriffsziel für Virenattacken. Nach Ansicht von Virenexperten stellt Timofónica keine bloße Variante des Loveletter-Wurms dar. Der Code sei komplett neu geschrieben worden und öffnete die Tür ins Mobilfunknetz. Auch wenn der Wurm bislang keine großen Schäden angerichtet habe, sei doch deutlich geworden, welche Gefahren auch weltweit noch drohen könnten, warnt Vicente Coll, Manager bei Ontinet.com, einem spanischen Anbieter von Antivirensoftware.

Die Ermittler vermuten den Schöpfer des Wurms in Spanien, da der Quellcode des VBS-Programms in Spanisch geschrieben ist. Erste Hinweise deuten auf eine Protestaktion gegen die staatliche Telefongesellschaft.