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Bundesagentur

Spätes Happy-End in der Jobbörsen-Affäre

16.08.2010
Die Affäre hat die Bundesagentur für Arbeit erschüttert. Denn selten trug ein Projekt der Nürnberger Bundesbehörde so viele Negativschlagzeilen ein wie ihre 2003 gestartete Jobbörse.

Inzwischen hat das System die Kinderkrankheiten überwunden. Trotzdem fällt auch Jahre danach noch ein Schatten auf das Projekt.

Die Anfangseuphorie war groß, die Ernüchterung bald schon viel größer: Mit einer Pannenserie startete im Dezember 2003 die Internet-Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit (BA). Die Bundesagentur schaltete eine unausgereifte Version frei. Als schließlich auch noch eine Kostenexplosion der Bundesagentur immer neue Negativschlagzeilen bescherte, war der Skandal perfekt. Am Ende musste BA-Chef Florian Gerster seinen Hut nehmen. Danach kam das Projekt jahrelang nicht voran. Inzwischen scheint das Jobbörsen- Trauma bei der BA überwunden. Vor genau einem Jahr - am 17. August 2009 - ging die neue Internet-Jobbörse online.

Sechs Jahre später als geplant ist die Bundesagentur nun endlich am Ziel: Das System läuft ein Jahr nach dem Neustart stabil und erfüllt alle Anforderungen, die Arbeitslose und Arbeitgeber an eine gut funktionierende Online-Jobbörse stellen. "2003 hat das alles nicht so gut funktioniert", räumt das zuständige BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker heute offen ein. "Wir haben aber die Kritik ernst genommen. Heute findet die Jobbörse von allen Seiten Anerkennung", stellt Becker zufrieden fest.

Bestätigt fühlt sich die Bundesagentur von den steigenden Nutzerzahlen: Im Juli riefen täglich mehr als 625 000 Interessierte die Internetplattform (http://jobboerse.arbeitsagentur.de) auf. Mehr als 3,6 Millionen Bewerberprofile sind inzwischen auf der BA- Plattform gespeichert - fast doppelt so viele wie zum Projektstart Anfang des Jahrzehnts geplant. Und auch mit 870 000 angebotenen Stellen (Stand Juli) wurden die ursprünglichen Erwartungen um fast das Doppelte übertroffen.

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) spricht inzwischen vom "meist besuchten Stellenmarkt in Deutschland". Bereits im dritten Quartal 2009 - also kurz nach der Freischaltung - registrierte der Verband 7,9 Millionen Besuche bei der BA-Jobbörse. Gute Noten bekommt die Datenbank heute auch von Nutzern und der kritischen Internet-Gemeinde. Das Vergleichsportal "getestet.de" lobt vor allem die differenzierten Suchmöglichkeiten, etwa nach Heim-, Tele- oder Schichtarbeit. Selbst Stellen für Hilfskräfte gebe es in der Online-Datenbank. Als Manko empfindet "getestet.de", dass bei den Stellenangebot das Veröffentlichungsdatum fehlt.

Die BA-Vorstand Becker schätzt vor allem die sechssprachige Benutzeroberfläche. Auch Türken oder Russen mit geringen Deutschkenntnissen könnten so in dem Vermittlungsportal auf Jobsuche gehen. Auch könnten sich Betroffene hier online arbeitssuchend melden. Da die Datenbank mit der EDV der Vermittler vernetzt ist, hätten diese direkten Zugriff auf die Daten. Das beschleunige die Vermittlung. Versuche von Scheinarbeitgebern, die Jobbörse als Kontaktbörse zu missbrauchen, versuche die BA durch eine Schlüssigkeitsprüfung der Arbeitgeberdaten einzudämmen, versichert Becker.

Das Projekt, das zentraler Punkt der Bundesagentur-Reform ist, wird aber immer noch kritisiert. Private Online-Vermittler, die die Jobbörse der Bundesagentur als staatlich subventionierte Konkurrenz betrachten, bemängelten von Anfang an die hohen Kosten. Zunächst mit 77 Millionen Euro kalkuliert, verteuerten Zusatzmodule das Projekt Monat für Monat. Inzwischen hat es rund 165 Millionen Euro verschlungen. Jobbörsen-Experten sagen, Privatunternehmen hätten ein solches Projekt für einen Bruchteil der Kosten auf die Beine gestellt. Die BA kontert darauf mit dem Hinweis, nur der geringste Teil davon sei in den Aufbau der Jobbörse geflossen, der Rest in Informationstechnik für die Arbeitsagenturen. (dpa/tc)