US-Wissenschaftler:

Sowjets können Computer-Embargo verkraften

22.02.1980

NEW YORK (vwd) - Die sowjetische Computer-Industrie dürfte durchaus in der Lage sein, Technologie-Embargo-Maßnahmen des Westens in jeglicher Form zu überstehen. Diese Überzeugung äußerte jetzt der amerikanische EDV-Experte Seymour Goodman, Professor an der University of Virginia, wie einem Bericht der US-Wirtschaftszeitschrift "Barron's" zu entnehmen ist.

Von einem nur auf kürzere Dauer befristeten Ausfuhrverbot würden die Sowjets nur unwesentlich in Mitleidenschaft gezogen, eine totale Isolierung über mehrere Jahre hingegen werde sich aller Voraussicht nach als undurchführbar erweisen, argumentierte der Wissenschaftler. Überdies könne Moskau schließlich auf dem Wege der Industriespionage in den Besitz der notwendigen Unterlagen gelangen. Zu bedenken sei ferner, daß durch eine Einschränkung des ungehinderten Informationsflusses die weitere Entwicklung auf dem Computersektor auch im Westen gehemmt werde.

Nach den Ausführungen Goodmans sei in der UdSSR die erste speicherprogrammierte Rechenanlage annähernd zur gleichen Zeit gebaut worden wie

ähnliche Maschinen in den USA und Großbritannien. Danach hätten die Sowjets jedoch nicht Schritt halten können und seien bis Ende der 60er Jahre um etwa ein Jahrzehnt in Rückstand geraten. Die maßgeblichen Funktionäre in der sowjetischen Industrie seien nämlich nicht in der Lage, die Möglichkeiten der Datenverarbeitung gebührend einzuschätzen, und in den untergeordneten Positionen könne man allenfalls über die Probleme reden. Die Möglichkeit, von sich aus die Initiative zu ergreifen und eine kleine Gesellschaft zu gründen, sei in der UdSSR nicht gegeben. Nach Ansicht des Virginia-Professors habe sich die Sowjetunion mit ihrem Verzicht auf Joint-Venture-Projekte mit US-Firmen mehr geschadet als durch die seit dem 4. Januar geltenden amerikanischen Export-Kontrollen bewirkt werden könne.