Sommertheater

17.06.1988

Das auf der politischen Bühne in Bonn mit so viel Erfolg erprobte Sommertheater hat allem Augenschein nach stark auf den Spielplan der DV-Markt-Bühne abgefärbt. Das Stück, das hier gerade mit internationaler Starbesetzung geprobt wird, heißt "Provinzposse".

Da tun sich zunächst sieben Aufrechte unter Führung von Robin Hood IBM zusammen und treten als Open Software Foundation wider die "Unix-Monopolisten" AT&T/Sun an. Ironie des Schicksals und offenbar als einer der Höhepunkte angelegt: Fünf dieser sieben Tapferen treffen sich seit 1984 in schöner Regelmäßigkeit mit den beiden Bösewichten im X/Open-Club.

Im zweiten Akt strebt die Geschichte einem weiteren Höhepunkt entgegen. Der große Bösewicht erklärt, nicht bis in alle Ewigkeit an seinem vermeintlichen Unix-Monopol festhalten zu wollen. Wenig später klopft Robin Hood beim X/Open-Club an und begehrt Einlaß, der ihm auch keineswegs verwehrt wird, wenngleich die Dramaturgie vorsieht, daß sich das Publikum noch nicht ganz sicher sein kann.

Der bevorstehende dritte Akt könnte so aussehen: Einer aus dem Kreis der sieben Tapferen, der zugleich Mitglied im "Club" ist, bemüht sich quasi im Gegenzug darum, den kleineren der beiden "Bösewichter" auch für die Robin-Hood-Schar zu gewinnen.

Mit diesem Schritt wird zugleich der vierte Akt vorbereitet, der vermutlich darauf hinausläuft, auch AT&T - ohne Gesichtsverlust, versteht sich - den Weg für die OSF-Mitgliedschaft zu ebnen.

Am Ende dann ein Happy-End: Alle vermeintlichen Mißverständnisse haben sich in Wohlgefallen aufgelöst, und die Unix-Possenreißer hoffen auf den Applaus des Anwender-Publikums. Doch dieses, inzwischen gehaltvollere Kost gewöhnt, könnte des Sommertheaters überdrüssig geworden sein.