Novelle des Copyright-Gesetzes wahrscheinlich erst 1989:

Softwareverleiher in den USA unter Beschuß

14.10.1988

FRAMINGHAM (IDG) - In den USA ist ein Streit über das Vermieten von Software entbrannt. Die Hersteller klagen, der Verleih leiste der Software-Piraterie Vorschub. Versandfirmen bestreiten dies. Der Verleih habe einen gewichtigen Vorteil: So könne der Anwender die Software vor dem Kauf wenigstens testen.

Bisher ist der Verleih von Software in den USA legal. Allerdings könnte es sein, daß der Senats-Unterausschuß für Patente, Copyrights und Warenzeichen bald die bestehende Gesetzeslücke schließt, der die Vermietbranche ihr Geschäft verdankt: Der republikanische Senator von Utah, Orrin Hatch, hat kürzlich einen Gesetzentwurf vorgelegt, der vorsieht, jeglichen Softwareverleih von der Zustimmung des Urheberrechtsinhabers abhängig zu machen.

Kongreß soll Gesetz über Copyright ändern

Bei dem Vorstoß handelt es sich um den jüngsten Versuch der Softwareindustrie, dem Verleih einen Riegel vorzuschieben. Da die Sitzungsperiode des Kongresses aber schon im Oktober endet, stehe die Chance schlecht, daß die Vorlage noch durchkommt, meint Ken Wasch, Direktor der Software Publishers Association. Es bestünden aber bereits Pläne, im Januar einen neuen Gesetzentwurf einzubringen.

Die Softwareindustrie hat selbst keine genaue Vorstellung darüber, wieviel Verluste durch Raubkopien entstehen, die direkt aus dem Softwareverleih resultieren. Deshalb haben sich weite Teile der Industrie bislang weder für die aktuelle Initiative

stark gemacht noch für ähnliche, die dem Kongreß in den Jahren 1984, 1986 und 1987 unterbreitet worden waren. Bis zum vergangenen Jahr begnügten sich die Softwareanbieter damit, mit Handbuch und Diskette eine Lizenzvereinbarung in die Packung einzuschweißen, die den Benutzer auf die Rechtslage in puncto Kopieren hinwies.

Im März 1987 aber befand ein Bundes-Bezirksrichter, ein Gesetz des Staates Louisiana, das diese beigepackten Lizenzen für rechtsgültig erklärte, sei nicht mit dem amerikanischen Copyrightgesetz vereinbar; dieses billige jedem Anwender zu, Backup-Kopien seiner Programme zu erstellen.

Verleihfirmen pleite, bevor es Ärger gab

Mit ein Grund dafür, daß die Industrie den Softwareverleih bislang nicht ernster genommen hat, liegt nach Ansicht von Jeff Tarter, Herausgeber des Branchendienstes "Softletter", in der geringen Marktbedeutung dieses Geschäftszweigs. "Ich habe noch nie von einer Softwareverleih-Firma gehört, die irgendetwas verdient hat", meinte Tarter. "Verschiedene Firmen haben es zwar versucht, aber sie sind alle bankrott gegangen, bevor die Anwälte eingreifen konnten."

Nach Ansicht von Juristen wird es bald ein Gesetz geben, das den Softwareverleih unterbindet - und sei es nur aus dem einzigen Grund, daß die wirtschaftliche Lage der Softwarefirmen eine rechtliche Lösung erforderte. Denn es ist für den Konsumenten ungleich leichter und billiger, Disketten zu duplizieren als beispielsweise Videobänder - so braucht man kein zusätzliches Wiedergabegerät.

Hersteller fürchten breite Streuung von Marktrennern

"Damit Firmen weiterhin Geld und die Kreativität ihrer Mitarbeiter in die Entwicklung neuer Produkte stecken, muß sichergestellt sein, daß der Hersteller auch auf seine Kosten kommt", sagt Branchenkenner Gesmer aus Boston. "Hier gibt es einen Laden namens Unitech, der beim Kauf von Hardware Public-Domain-Software dazu gibt. Was passiert wohl, wenn landesweit mehr und mehr solcher Läden aufmachten und dann Lotus 1-2-3, WordPerfect und DBase III verleihen? Das würde zu einer sehr weiten Verbreitung illegaler Software führen, was der Softwareindustrie wiederum Milliarden an Verlusten eintragen würde."

Dem entgegnet Real Provencher, Chef der Software-Versandfirma Software That Fits im texanischen Humble, die Softwarehersteller seien noch nie in der Lage gewesen, ihre Behauptung zu untermauern, daß aus der Vermietung Piraterie resultiere. Seine Firma verleihe keine Software, sondern biete den Anwendern einen "Probier-Kauf" an. Der Käufer habe dann zwei Wochen Zeit, sich die Software in Ruhe anzuschauen zu einem Preis, der einem Drittel des Kaufpreises entspricht.

Provencher behauptet gar, der Softwareverleih leiste einen großen Beitrag zum Abbau der Raubkopien. "Bevor es den Verleih gab, war die einzige Möglichkeit zum Testen, sich von dem Programm irgendwo eine Kopie zu besorgen. Der Softwareverleih lebt nur davon, daß die Hersteller ihren Kunden kein Rückgaberecht einräumen."

Softletter-Herausgeber Tarter sieht in der Praxis des Texaners aber auch keine Lösung des Problems: "Würden Sie ein Drittel des Kaufpreises bezahlen, nur um das Programm einmal testen zu dürfen?"