Marktforscher haben noch Zweifel

Softwareleasing könnte ein Zukunftsmarkt werden

07.09.1990

FRAMINGHAM (IDG) - Wer das Computer-Leasinggeschäft noch immer ausschließlich auf die Hardware begrenzt, lebt in der Vergangenheit. Immer mehr Leasingunternehmen sehen einen großen Zukunftsmarkt im Verleihen von Softwareprodukten. Ob Strohfeuer oder ein ernstzunehmender neuer Markt - darüber sind sich die Experten nicht einig.

"Wir haben die Aufgabe, unsere Mitglieder auf neue Märkte aufmerksam zu machen. Das Softwareleasing scheint so ein Markt zu sein", vermutet Ken Bouldin, Präsident der Computer Dealers and Lessors Association (CDLA). Aus diesem Grunde wird seine Organisation beim kommenden Treffen im Oktober erstmals einen Workshop zu diesem Thema veranstalten.

Softwareleasing ist zu eine aktuellen Thema geworden, weil die gestiegenen Softwarekosten von vielen Unternehmen kaum noch aufgebracht werde können. Immer mehr DV-Manager sind gezwungen, nach alternativen Konzepten zu suchen, um auch in Zukunft moderne und leistungsfähige Produkte einsetzen zu können. Die breite Öffentlichkeit wurde auf den neuen Geschäftszweig aufmerksam, als die Meridian Leasing Corp., einer der großen Hardwareverleiher, mit der Einrichtung der neuen Division "Meridian Software Funding" offiziell in das Leasinggeschäft mit der Software eintrat.

Tatsächlich ist das Business mit der weichen Ware gar nicht so neu. Kleinere US-Anbieter wie die kalifornische Software Leasing Finance Group in Sacramento oder die Software Leasing Corp. in Beverly Hills sind auf diesem Markt bereits seit einigen Jahren aktiv. Aber auch größere Konzerne wie die IBM Credit Corp. oder Comdisco haben in verschiedenen Fällen Software verliehen - vor allem dann, wenn das Geschäft im Rahmen eines großen Hardware-Leasingvertrages abgewickelt werden konnte.

Viele Marktbeobachter mißtrauen dem Geschäft mit dem Softwareleasing allerdings noch: Zu hohes Risiko, zu geringer Profit - so lautet das Urteil. Für den Verleiher sei das Geschäft mit der Software weit weniger lukrativ als das Hardwareleasing. Da Software - im Gegensatz zur Hardware - vom Anbieter nicht verkauft, sondern lizenziert werde, habe das Leasingunternehmen allenfalls eine Mittlerfunktion. Die Produkte aber gehören nach wie vor dem Hersteller.

Da die angebotene Software stets auf dem neuesten Release-Stand sein muß, sind die Verleiher fast immer von langfristigen Verträgen mit ihren Kunden abhängig. Dagegen haben Hardwareverleiher wenig Schwierigkeiten, ihre Systeme mehrmals nacheinander zu verleihen und damit mehrere Geschäfte mit einem einzigen Objekt zu machen.

Diese Risiken kalkulieren die Mitarbeiter der Meridian Software Funding jedoch mit ein: Als Kunden akzeptiert das Leasingunternehmen nur "reputierliche" Unternehmen.

Außerdem werden nur Produkte verliehen, die der Anwender wohl oder übel für längere Zeiträume nutzen muß - dazu zählen Datenbanken, Software-Engineering-Tools und integrierte Anwendungspakete. Diese Software gehört für die meisten Unternehmen zur Kernausstattung der Informationstechnologie.

"Das Leasing von Textverarbeitungen käme für uns wohl kaum in Frage", erläutert Dave Smoot, ehemaliges Oberhaupt der heutigen Meridian Software Funding. "Ein Datenbank-Paket inklusive Entwicklungssprachen verspricht dagegen ein interessantes Geschäft. Der Kunde wird wahrscheinlich Produkte in dieser Umgebung plazieren und es ist nicht anzunehmen, daß er diese Software binnen drei Jahren aufgeben wird."

Wesentlich kritischer sieht das Marktforschungs-Unternehmen Gartner Group, Stamford/Connecticut, diesen neuen Markt. "Meridian kann erfolgreich sein, weil das Softwaregeschäft als Anhängsel des Hardwareleasing ausgeübt wird", erklärt Analystin Barbara Sannerud. "Unternehmen, die nur Softwareprodukte verleihen, können aber kaum mit einem Boom-Geschäft rechnen."