Softwareentwicklung bleibt das Problemkind der DV

17.12.1982

Nicht alles, was sich die vor zwei und vier Jahren befragten DV-Leiter für die Zukunft wünschten, ist in Erfüllung gegangen. Während bei der Hardware die Integration stürmisch voranschreitet, hinkt die Softwareentwicklung nach wie vor hinterher. Enttäuscht äußerten sich die Befragten auch darüber, daß sich die Kommunikationsprobleme zwischen EDV- und Fachabteilung nicht sehr gebessert haben. Zu oft stünde der Wunsch der Fachabteilung nach einer optimalen Einzellösung der Forderung nach einer integrierten Unternehmenslösung gegenüber. Werner Conzelmann hat hierfür eine Erklärung: "Wunder brauchen eben etwas länger als vier Jahre." ih

Werner Conzelmann

Prokurist, Otto Ficker AG, Kirchheim/Teck

Was wünschen Sie sich von der EDV im neuen Jahr, fragte die COMPUTERWOCHE im Dezember 1978. Was ist in Erfüllung gegangen? Nun entsprechend meines damaligen Wunschkatalogs möchte ich heute sagen, "Wunder brauchen etwas mehr als vier Jahre", doch ein nicht unerheblicher Teil ist heute realisiert, wobei ich mich allerdings auf unseren Hersteller Sperry Univac einschränken muß.

Wunsch 1: Programmiersprachen nach "Hausfrauenart", für den Sachbearbeiter in der Fachabteilung. Hier wurden doch erhebliche Fortschritte gemacht und "starke" Software auf den Markt gebracht. Ich denke da an Escort, für das Programmieren in deutscher Sprache, oder Mapper.

Wunsch 2: Softwareentlastung durch Firmware, auch hier durch Einführen neuer Geräte erhebliche Verbesserungen, die zum Beispiel nicht nur die Software entlasten, sondern auch den Sachbearbeiter unmittelbar durch Hinweise führen und ihn damit effizienter arbeiten lassen.

Wunsch 3: "Hochleistungsrechner" zu Mittelklassepreisen für kleine und mittlere Unternehmen. Allein durch den Preisverfall der Hardwarepreise kam man diesen Wunsche etwas näher. In den Wunschkatalog von damals paßt beispielsweise genau das etwa vor drei Wochen angekündigte neue System Sperry Univac 80/8. Ein Rechner mit wesentlich besserem Preis-/Leistungsverhältnis.

Und wo hapert es noch?

1. Obenan steht immer noch die Konfigurationsflexibilität, und zwar innerhalb eines Herstellers und der Hersteller untereinander. Hier kocht eben doch ein jeder sein eigenes Süppchen.

2. Die Fachabteilungen nehmen die DV-Unterstützung häufig immer noch als "gottgegeben", wenn auch aus besserer Einsicht, "doch irgendwie nicht wegzudenken." Eigenimpulse sind meist noch die Ausnahme.

Und die Wünsche für 1983?

Ein Sieg des Optimismus für einen Konjunkturaufschwung auf breiter Basis, damit Negativschlagzeilen über Insolvenzen und Massenarbeitslosigkeit positiven Zeilen Platz machen. Und hierfür sind alle gefordert. Ausnahmslos!

Theo Widmann

Oberverwaltungsrat der Stadt Mannheim, Mannheim

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung haben sich die Entwicklungstendenzen zu einer sich abzeichnenden Übertragbarkeit und Systemunabhängigkeit der Programme als Konsequenz aus den Versäumnissen der Vergangenheit durchgesetzt. Insoweit sind ohne Zweifel Fortschritte in den letzten Jahren erzielt worden. Kompatible Schnittstellen zu Datenbank- und Datenkommunikationssystemen die im Auftrag des Kooperationsausschusses ADV Bund/Länder/Kommunaler Bereich (KoopA ADV) von der Arbeitsgruppe "Kompatible Anwendungsprogrammierung" und unter Berücksichtigung von Normierungsarbeiten entwickelt worden sind, eröffnen heute den Rechenzentren die Möglichkeit, sich für die jeweils am besten geeignete Hardware und Basissoftware zu entscheiden.

Die Stadt Mannheim, in einem zentralen Rechenzentrum zusammen mit den Versorgungs- und Verkehrsbetrieben mit BS2000-Rechnern der Siemens-System-Serie 7500 ausgestattet, sieht sich bei der gegenwärtigen Funktionsbreite der Schnittstellen zunehmend in die Lage versetzt nach einer langjährigen eigenständigen beziehungsweise in Zusammenarbeit mit systemkonformen Anwendern betriebenen Projektentwicklung zentrale, als landeseinheitlich bezeichnete kommunale Verfahren einzusetzen, zu denen für die Stadt Mannheim bisher kein Zugang bestand. Unter der Projektträgerschaft der Datenzentrale Baden-Württemberg, die im kommunalen Bereich für sieben regionale und zwei städtische Rechenzentren zuständig ist, mußten in der Vergangenheit zwangsläufig Verfahren entwickelt und angeboten werden, die sich an der Systemausstattung der Rechenzentren mit Anlagen des marktbeherrschenden Herstellers orientierten.

Obwohl in den größeren Verfahren die kompatiblen Schnittstellen für eine systemübergreifende Benutzung erst teilweise realisiert sind, stimmen erste Erfahrungen bei der Stadt Mannheim optimistisch.

Schwierigkeiten beim Einsatz der vorliegenden Schnittstellentypen ergeben sich aus dem festgelegten Funktionsumfang der einzelnen Schnittstellen und den inzwischen stark erweiterten Softwareprodukten der Hersteller. Dies hat zur Folge, daß derartige zusätzliche Funktionen in den Anwenderprogrammen nicht genutzt werden können. Um die auftretenden Lücken schneller zu schließen, sollte in der Abstimmung mit den Softwareherstellern für eine möglichst zeitnahe Anpassung und damit für eine optimale Nutzung gesorgt werden.

Der Weg zur Dialogisierung wurde in den letzten Jahren auch im kommunalen Bereich durch die erhebliche Preisreduzierung im Hauptspeicherbereich erleichtert. Zu einem erheblichen Teil sind diese Vorteile von den im Schulungs- und Softwarebereich der Hersteller ungewöhnlich stark gestiegenen Gebühren neutralisiert worden. Hier hat die eine Hand genommen, was die andere gegeben hat. Dies hat zur Folge, daß dem Taten-

drang der DV-Organisatoren das Gespenst der knappen Kassen hindernd im Wege steht.

Für die Stadt Mannheim stehen angesichts der äußerst angespannten Finanzlage in der Dialogisierung nur noch Aktivitäten an, wenn bereits im Vorfeld von Planungskonzepten in Kosten-Nutzen-Analysen der Nachweis einer sofortigen Wirtschaftlichkeit beim Einsatz erbracht werden kann. Daß auch hierbei "Lernphasen" durchgestanden werden müssen, in denen die Investition vor dem Erfolg steht, macht die Fortführung der weitergehenden Verwaltungsrationalisierung nicht eben einfach.

Es zeigt sich, daß wirtschaftliches Denken in der öffentlichen Verwaltung weit stärker ausgeprägt ist, als dies vielfach die Medien und landläufige Meinung wahrhaben wollen. Fazit: gedrosselte EDV-Aktivitäten im Jahr 1983!

Andreas Schild

Leiter Organisation, Hauni-Werke Körber & Co. KG, Hamburg

Ein Rückblick auf das Jahr 1982 - zwei Jahre nach einer ersten Stellungnahme im Thema der Woche - zeigt eine erstaunliche Parallelität zu früheren Aussagen und zugleich eine Bestätigung von vorausgesagten Entwicklungen.

Technologische Innovation ist auch heute noch eines der Markenzeichen in der EDV-Branche. Dieses wird wohl noch weitere Jahre andauern.

Besonders in der heute schwierigen wirtschaftlichen Situation drängen die Entwicklungen auf den Markt, die sich bereits 1980 abzeichneten und zu rationelleren und organisatorisch verbesserten Abläufen führen. Der Kreis ihrer Anwender hat sich durch die Einführung immer kleinerer und komplexerer Computeranlagen stark vergrößert. Der Einstieg ist für viele kleine Unternehmen mit einem Personal Computer heute kein unbezahlbares Risiko mehr. Der Baustein zur erfolgreichen Einführung bleibt jedoch weiterhin die Software, die mit den technischen Neuerungen kaum Schritt halten kann. Wenn auch der Personalmarkt eine gewisse Beruhigung erfahren hat und Organisationsprogrammierer leichter zu finden sind, so verbleibt doch gerade für EDV-Neulinge der Einsatz eines Softwarepaketes als geeignetste Lösung.

Gefragt sind ausgereifte und übergreifende Lösungen, die nur durch langjährige Erfahrungen und qualifizierte Mitarbeiter entwickelt werden können. Wer dieses nicht nachweisen kann, hat große Schwierigkeiten, seine Produkte zu verkaufen. Diese Marktmentalität trifft nicht zuletzt auch so manchen Freiberufler, der aufgrund fehlender Folgeaufträge den Weg zurück zur Festanstellung suchen muß. Chancen dafür boten sich auch im Jahre 1982 genug. Denn gerade ausgereifte Softwareprodukte erfordern beim Anwender qualifiziertes Personal, das die Möglichkeiten der Software voll zur Entfaltung bringen kann. Diese Vorgehensweise sei weiterhin - unabhängig vom Jahresrückblick 1980 oder 1982 - allen DV-Einsteigern empfohlen.

Softwarelösungen in Dialogform bleiben auch 1982 die Zielsetzung der Fachabteilung. Dabei stehen sich oftmals der Wunsch aus der Fachabteilung nach einer optimalen Einzellösung und die Forderung nach einer integrierten Unternehmenslösung gegenüber.

Diese unterschiedlichen Auffassungen ließen sich zukünftig sicherlich für die Verantwortlichen in der Organisation einfacher vereinen, wenn dezentrale Datenorganisationen unabhängig von der Hardware durch Betriebssystemkomponenten und Netzwerke problemloser unterstützt würden.