Software totgeprüft

06.04.1984

Was den Software-Käufer bislang schon in Verwirrung gestürzt hat, soll nun auch noch (halb-)amtlich sanktioniert werden: Die Prüfung eines Softwareprogrammes auf seine Funktionstüchtigkeit und Benutzerfreundlichkeit wird via Prüfsiegel bewiesen.

Daß der End-User dabei leicht in Verwirrung gerät, dafür sorgen die unterschiedlichen Gütezeichen, die gerade zur Hannover-Zeit wie Pilze aus dem Boden sprießen. Zu unterscheiden sind allerdings zwei Gruppen von Prüfinstitutionen: die unabhängigen und die hauseigenen.

Im Bereich der Unabhängigen tun sich zwei Namen hervor - einerseits der Softwaretest e.V. (STEV) aus Ulm, der sich seit geraumer Zeit um eine offizielle Anerkennung seines Prüfsiegels STEV besüht, zum anderen der TÜV Rheinland, der mit dem Gütesiegel QS erstmals zur Messe erscheint.

Beide Instanzen ähneln sich in ihrer Vorgehensweise.

So wird die Software bei der STEV auf drei unterschiedliche Arten geprüft - statisch analysiert und dann mit Hilfe dieser Ergebnisse dynamisch ausgetestet, oder installationsfertig an Hand der Anwenderdokumentation nach den Kriterien Benutzertauglichkeit und Wartbarkeit sowie Standardprüfkriterien und letztendlich im Feldversuch bei STEV-Mitgliedern. Der TÜV-Rheinland prüft nach Eignung, Funktionalität und benutzergerechter Gestaltung der Programme.

Daß Beide den Schutz des Anwenders vor schwarzen Branchenschafen im Auge haben, mag wohl unbestritten sein. Bleibt die Frage, warum beide Prüfinstanzen vereint marschieren und getrennt schlagen. Schon gibts Gerüchte: die IBM trage an diesem "Vorbeischweigen" ihr Päckchen mit. In diesem Haus soll nämlich bei der Durchsicht der Hannover-Weichwareexponaten vor wenigen Monaten ziemlich viel Schrott aufgetaucht sein. Der etserne Besen wurde dringend gesucht - und hier bot sich, so spitze Zungen, der TÜV Rheinland an. Die Prüfung wäre in sechs bis acht Wochen abgeschlossen - also pünktlich zur Messe. Erfahrung sei vorhanden, und der Termin zur Einführung eines eigenen QS-Siegels mag die Checker-Lust beflügelt haben.

Bleibt noch die andere große Gruppe der Siegelgeber: eigene Software, selbst entwickelt, selbst mit möglichst buntem Stern versehen. Auch hier ein lobenswerter Ansatz, der letztlich aber nur verwirrt.

Denn den hauseigenen Endkontrolleuren lautere Gedanken abzusprechen, wäre zumindest beim Check fremderstellter Software und entsprechender Empfehlung wohl vermessen. Andererseits ist dies das mindeste, was ein Anwender und Käufer verlangen kann - Qualität und Endkontrolle.

Dem Hannoverretsenden offenbart sich wohl die "Prüfsiegleritis" ais neuer Messe-Virus. Zum Immunschutz sei an dieser Stelle nochmals insbesondere auf die CW-Blitzumfrage, Frage 3 und die entsprechenden Antworten hingewiesen. Übergreifender Tenor: schau zu, mach mit, kauf nix.