Urheberrechtsschutz für Software auch ohne richterliches Qualitätszertifikat

Software-Copyright: Richtlinie der EG laßt einige Fragen offenNach langen und erbittert geführten Auseinandersetzungen ist Am 13. Mai 1991 die Richtlinie zu einem künftigen einheitlichen Software- Rechtsschutz in Europa vom EG-Ministerrat beschlossen wor

31.05.1991

t beispielsweise, das Programm weiter zu lizenzieren, kann der Auftragnehmer dem Auftraggeber in solchen Fällen nur dann verschaffen, wenn er es sich selbst vorher bei seinem "Vorlieferanten" gesichert hat.

Guter Glaube allein schützt nicht

Sind Programme aber erst einmal urheberrechtlich geschützt - wovon für die Zukunft auszugehen sein wird - dann nützt dem Auftraggeber auch sein guter Glaube an die Urheberschaft des Auftragnehmers nichts.

Wenn das von diesem zur Verfügung gestellte Programm objektiv Programme Dritter inkorporiert hat, bedarf der Auftraggeber, um sein Programm selbst laufen zu lassen oder um es weiter zu verwerten, der Zustimmung dieser Dritten.

Für Arbeitsverhältnisse bestimmt Art. 2 Abs. 3: "Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist der Arbeitgeber zur Ausübung aller wirtschaftlichen Rechte an dem so geschaffenen Programm berechtigt, sofern keine andere vertragliche Vereinbarung getroffen wird."

Viele Fragen bleiben offen

Auch hier bleiben viele Fragen offen. Zu den dem Arbeitgeber zugewiesenen "wirtschaftlichen Rechten" zählen wohl nicht die sogenannten Urheberpersönlichkeitsrechte, im englischen Sprachgebrauch "Moral Rights". So hat nach ° 25 Abs. 1 UrhG der Urheber das Recht, vom Besitzer des Originals seines Werkes zu verlangen, daß ihm dieser das Original zugänglich macht. Er hat Anspruch darauf, daß seine Urheberschaft am Werk "anerkannt" wird, insbesondere kann er verlangen, daß er auf allen Kopien als Urheber benannt wird - was insbesondere bei Programmen, die von großen Teams entwickelt wurden, erhebliche Schwierigkeiten verursachen dürfte. Ihm ist es vorbehalten, den Inhalt seines Werkes öffentlich mitzuteilen oder zu beschreiben. Schon diese Beispiele zeigen, daß der dem klassischen Urheberrecht zugrundeliegende Gedanke besonderer geistiger und persönlicher Beziehungen zum Werk (° 1 1 UrhG) bei von Arbeitnehmern erstellten Programmen so nicht zutrifft.

Die Formulierung in Art. 2 Abs. 3 des Entwurfs ist eine Zusammenfassung der auch in der deutschen Rechtsprechung befolgten Grundsätze. Offen bleibt aber beispielsweise, wie die Beweislast zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verteilt ist, wenn festgestellt werden soll, ob das Programm vom Arbeitnehmer "in Wahrnehmung seiner Aufgaben" oder "nach den Anweisungen seines Arbeitgebers" geschaffen wurde. Was ist mit Programmen, die der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit und auf dem Computer des Arbeitgebers möglicherweise sogar mit diesem gehörenden Programmier-Tools -, aber nicht "in Wahrnehmung seiner Aufgaben" erstellt hat? Gehört es zu den Aufgaben eines Vertriebsleiters, ein Programm zur Steuerung seines Vertriebes zu entwickeln? Dieser Fall wurde von verschiedenen Gerichten keineswegs einheitlich entschieden.

Unklar ist auch, ob ° 36 UrhG für Werke gilt, die in Arbeitsverhältnissen geschaffen wurden. Die herrschende Meinung verneint dies bislang. Es gibt aber auch Gegenstimmen. Nach dieser Bestimmung - die weiterhin gilt - kann der Urheber vom Auftraggeber eine Erhöhung seiner Vergütung - auch nachträglich - dann verlangen, wenn sich herausstellt, daß zwischen dem wirtschaftlichen Ertrag aus der Programmierleistung und der Entlohnung für die Programmierleistung ein "grobes Mißverhältnis" besteht.

Würde dies auch im Arbeitsverhältnis gelten, so hätte jeder Arbeitnehmer gegen den bisherigen Nutzungsberechtigten einen Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch über die bisher erzielten Gewinne und bisherigen Aufwendungen. Zweifellos ist dies im Arbeitsverhältnis nicht interessensgerecht. Auch hier werden also weiterhin genaue vertragliche Bestimmungen unabdingbar sein.

Schutzdauer:

Schwer getan hat sich die Kommission mit der Bestimmung der Schutzdauer des nun zu gewährenden Urheberrechtes. Zunächst war vorgesehen, daß diese 50 Jahre vom Tag der Herstellung an gewährt würde. In der endgültigen Fassung erstreckt sich die Dauer des Schutzes auf die Lebenszeit des Urhebers und 50 Jahre nach seinem Tod. Letzteres wird schwer zu bestimmen sein, denn Programme werden regelmäßig von verschiedenen Urhebern erstellt. An einigen Standardprogrammen aus dem PC-Bereich sollen mehr als 1000 Urheber beteiligt gewesen sein. Es wird detektivischer Leistungen bedürfen, um die Lebenszeit des am längsten lebenden daran beteiligten Programmierers festzustellen (vergl. ° 65 UrhG). Allerdings blieb der Kommission, wohl im Hinblick auf Art. 7 der RBÜ ("Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst") als der maßgeblichen internationalen Konvention, gar nichts anderes übrig, als diese Regelung zunächst einmal aufzunehmen.

Sanktionen:

Besondere Bedeutung wird in der Praxis Art. 6 bekommen. Danach verletzen das Inverkehrbringen und der Besitz einer illegalen Programmkopie zu Erwerbszwecken sowie der Handel mit einer solchen Kopie die Rechte des Urhebers. Das ist eine auf den ersten Blick einleuchtende Regelung. Denn nach dem bestehenden Urheberrecht kann der Urheber von jedem verlangen, daß er die Nutzung seines Programms einstellt, wenn es objektiv nicht vom Berechtigten erworben wurde.

Diese Rechtslage führt natürlich dazu, daß der Lizenznehmer eines Programmes nie wirklich sicher wissen kann, ob er alle zur Nutzung des Programms erforderlichen Rechte besitzt - oder ob nicht beispielsweise einer der vielen Arbeitnehmer seines Lizenzgebers heimlich Teile eines fremden Programms eingebaut hat, ohne zuvor die Zustimmung dieser dritten Partei einzuholen. Nach dem heutigen Urheberrecht könnte dieser Dritte die Nutzung des Programms unterbinden.

Noch in der vorletzten Version des Entwurfs war nicht klar, ob nach Art. 6 Abs. 1 dieses Recht nur dann ausgeübt werden kann, wenn der Nutzer und Lizenznehmer "weiß oder annehmen muß", daß es sich um eine illegale Kopie handelt. In diesem Fall hätte Art. 6 Abs. 1 eine zwar sehr praktikable, aber auch die Rechte des Urhebers weitgehend beschneidende Regelung enthalten. Dieser hätte sich nicht mehr dagegen wehren können, daß Raubkopien weiter eingesetzt werden, solange der Erwerber der Raubkopie nur in gutem Glauben handelt. Das ist nicht aufrechterhalten worden.

Nach Art. 7 Abs. 1 gilt es auch 1 als Verletzung des

Ausschließlichkeitsrechtes des Urhebers, "Mittel" herzustellen, in Verkehr zu bringen, oder zu Erwerbszwecken zu besitzen, die den "spezifischen Zweck" haben, die Beseitigung oder Umgehung etwaiger technischer Mittel zum Schutz eines Programmes zu erleichtern. Unklar ist freilich, welche Sanktionen an diese Handlungen geknüpft werden sollen. Auch dazu wird der deutsche Gesetzgeber noch konkretisierende Überlegungen anstellen müssen.

Nach Art. 10 ist die Richtlinie an die Mitgliedsstaaten gerichtet. Sie entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung in der Bundesrepublik. Vielmehr verpflichtet sie die Bundesregierung und den deutschen Bundestag, Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um die Regelungen der Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Erst dann wird sie wirksam. Solche Rechtsvorschriften müssen bis zum 1. Januar 1993 in Kraft treten - keineswegs eine lange Dauer.

Nach Inkrafttreten werden die Bestimmungen der Richtlinie - und des entsprechend geänderten deutschen Urheberrechtsgesetzes - auch auf vor dem 1. Januar 1993 geschaffene Produkte, erworbene Rechte und geschlossene Verträge Anwendung finden.

In der Praxis wird man daher vernünftigerweise ab sofort die Vertragsgestaltung auf die Regelungen der Richtlinie abstimmen müssen.