Kommentar

Skrupel mit Verfallsdatum

17.01.1997

Daß der konventionelle Autosalon auf Dauer nur ein Vertriebsweg unter vielen sein könnte, dämmerte der Mercedes-Benz AG schon vor zwei Jahren. Damals startete sie das Projekt "Automobilhandel der Zukunft", das mittlerweile zu einer Linienaufgabe herangereift ist. Eine eigene Homepage betreiben die Automobilbauer seit Juli 1995, und für den Vertrieb von Accessoires haben sie dieses Medium bereits genutzt (siehe nebenstehenden Artikel). Aber ganze Autos wollen sie bislang nur konventionell vertreiben. Sagen sie. Weil sie ihre Händler brauchen. Ein Kunde, der eine S-Klasse-Limousine oder ein CL-Coupé kauft, will sicherlich von seinem lokalen Mercedes-Verkäufer umgarnt werden. Aber ab dem kommenden Herbst möchten die Stuttgarter auch Kleinwagen verkaufen. Im Lichte dieses Massengeschäfts sieht das Internet schon eher wie ein brauchbarer Vertriebskanal aus. Und angesichts der Absatzplanung für das nächste Jahr - eine Milliarde neue Fahrzeuge! - dürften die Skrupel der Mercedes-Manager erheblich schrumpfen. Schließlich liegt das Durchschnittsalter der Mercedes-Fahrer derzeit bei 50 Jahren. Da wird es Zeit, eine neue Generation von Käufern anzusprechen - eine, die möglicherweise nichts dabei findet, ihr nächstes Auto per Internet zu erwerben.