Sind die letzten Tage der Freiheit gezählt?

25.03.2003
Von Sebastian Wündisch
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Noch in diesem Jahr wird im Bundestag ein neues Urheberrecht verabschiedet. Es sieht einschneidende Veränderungen für die zulässige Nutzung digitaler Werke vor. Betroffen sind sowohl der berufliche als auch der private Bereich.

Foto: Photodisk

Es ist so weit: Schenkt man dem Feuilleton der „Süddeutschen Zeitung“ Glauben, so steht die Übernahme der mächtigsten Demokratien der Welt durch ein zentral gelenktes Industriekartell unmittelbar bevor. Der freie Zugang zu Wissen werde unter die Kontrolle einer selbst nicht kontrollierbaren Allianz der Großindustrie gestellt. Durch eine unmittelbar bevorstehende Änderung des Urheberrechtsgesetzes soll diese Herrschaft rechtlich abgesichert und staatlich sanktioniert werden.

Tatsache ist, dass das Urheberrecht als originäres Schutzrecht von Software und Content vor einer Novellierung steht, die einen Paradigmenwechsel in seiner Geschichte bedeutet. Erstmalig schützt das Gesetz nämlich Vorrichtungen, die den Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken beziehungsweise deren Nutzung technisch verhindern. Nicht erst die Kopie des Werkes, sondern bereits die Umgehung des Kopierschutzes beziehungsweise der Verkauf und sogar die Bewerbung entsprechender Tools stellen künftig schon strafbare Urheberrechtsverletzungen dar. Warum diese gravierenden Maßnahmen?

Nach heutigem Verständnis belohnt die Rechtsordnung den Urheber für seine geistige Leistung mit einer dem Eigentum vergleichbaren Rechtsposition, um ihm die finanzielle Beteiligung an der Verwertung seiner Schöpfung zu sichern. Denn nur wenn der Urheber, in der Regel gegen Entgelt, in die Vervielfältigung, Verbreitung oder Bearbeitung eingewilligt hat, kann ein Dritter diese Handlungen vornehmen, ohne mit Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen rechnen zu müssen. Hier zeigt sich der wesentliche Nachteil des geistigen Eigentums im Unterschied zum körperlichen: Letzteres kann bereits vor Diebstahl geschützt werden, indem man es in einen Tresor legt.