COMPUTERWOCHE-Umfrage zum Thema Datenbank:

Sind die heutigen Abfragesprachen laiengerecht?

23.11.1979

"Eine Abfrage ist um so laiengerechter, je weniger Aufwand nötig ist, sie zu erlernen und je weniger Kenntnis der logischen Struktur der interessierenden Datenbank erforderlich ist, um Abfragen zu formulieren", definiert Professor Dr. Peter Kandzia vom Institut für Informatik und Praktische Mathematik der Christian-Albrecht-Universität in Kiel. In anderen Worten, je universeller eine Datenbank (DB) einesetzbar ist, desto mehr DV-Kenntnisse sind zur Bedienung erforderlich, will man sich nicht auf ganz abgegrenzte Funktionen beschränken. "Eine gute Abfragesprache ist niemals laiengerecht", meine die Hersteller.

Ernst Vogelsang, Leitender Systemanalytiker (Abteilung zentrale Systemunterstützung) bei der Honeywell Bull AG formuliert sehr klar: "Wir lassen keine Kunden an der Datenbank arbeiten, die nicht einen zuständigen Mann benannt haben, der sich um den Einsatz in den verschiedenen Anwendungsbereichen bemüht. Bei drei oder vier verschiedenen Leuten gibt es ein Desaster." Die Erfahrung lehre, fährt Vogelsang fort, daß sehr einfache Abfragesprachen wie zum Beispiel Query, nicht sehr gefragt seien. Jedoch arbeite man darauf hin, im CODASYL-Konzept auch bestimmte Sprach-Untermengen zu normieren, um die Handhabung für den Verantwortlichen zu erleichtern, denn "der kennt die Fähigkeiten von jedem einzelnen Mitarbeiter und kann designmäßig auf Maier, Müller, Schmitz eingehen. Dadurch wird vermieden, daß man dem Benutzer ein System in die Hand gibt, ohne daß er weiß, wieviel Systemzeit er bei der Abfrage beansprucht. Auch wenn die Arbeit noch so einfach ist, ein gewisses Einfühlungsvermögen in das System ist immer nötig."

"Ich bin der Meinung", stimmt ihm Otto Melchert, EDV-Leiter beim Landkreis Haarburg, Winsen (Lohe), zu, "ein Laie kann nicht so von heute auf morgen an der Datenbank arbeiten. Voraussetzung dafür ist die Kenntnis der Sprache und das Verständnis der logischen Zusammenhänge." Melchert, bei dem das entsprechende CODASYL-DB-System IDS II installiert ist, wünscht sich für die Zukunft eine noch größere Systemunabhangigkeit der Sprache. "Die Schnittstellen sollten wirklich auf jede Hardware abgestimmt sein. Zwar reden die Hersteller immer von Kompatibilität, in realita gibt es echte Software-Unabhängigkelt jedoch nicht." Die Zukunftsvisionen von Thomas Rathgeber, Hilfsreferent beim Bundespresseamt in Bonn und zuständig für den Arbeitsbereich Programmierung, scheinen sich schon bald zu erfüllen. "Eine DB sollte so universell wie nur möglich sein, damit es nicht nötig ist, sich bei unterschiedlichen Aufgaben verschiedener Systeme zu bedienen. Durch auswählbare Untermengen soll dann eine Anpassung möglich werden." Das läuft auf die Normung der Befehlsteilmengen hinaus. Im Bundespresseamt werden politische Daten, Pressetexte oder Verlautbarungen von dokumentarisch geschultem Personal verzeichnet und bei Bedarf aufgesucht.

"Auch für einfachere Abfragen sollte etwas mathematisches Verständnis vorhanden sein", überlegt auch Robert Halstein, EDV-Leiter der Maschinenfabrik L. Ph. Hemmer GmbH & Co. KG, Aachen. der Nidas einsetzt. "Wenn keine schwerwiegenden Fehler auftreten, was in zwei Jahren erst einmal der Fall war, ist unsere DB anwenderfreundlich, obwohl gewisse Arbeitsläufe relativ langsam vor sich gehen." Der berühmte Fehler der Rechnerüberlastung macht sich da wohl bemerkbar. Das war der Grund für die AOK in Dortmund, vor kurzer Zeit auf Sesam umzusteigen. "Nidas bietet keine Recovery- und Restart-Möglichkeiten", beschwert sich der EDV- Leiter Erwin Schmitz, "das gab dann den Ausschlag."

Es kommt jedoch immer auf die Ansprüche an, die man an das System stellt So erklärt Werner Nuss. Leiter der Betriebsabrechnung bei Eichenauer in Kandel (Pfalz), rundheraus: ,.Bei uns sitzen Sachbearbeiter am Bildschirm, die überhaupt nicht EDV-gebildet sind. Die Masken zeigen genau die erlaubten Funktionen. "

Resümierend sagt Professor Kandzia: "Es ist leicht einzusehen, daß in Fällen, in denen mehrere miteinander in Beziehung stehende Relationen angesprochen werden, der Laienfreundlichkeit Grenzen gesetzt sind, da sowohl einiger Aufwand beim Formulieren der Abfragen als auch genauere Kenntnisse des Datenbank-Schemas verlangt werden müssen. Meines Erachtens kann zumindest ein Teil der existierenden Sprachen als benutzerfreundlich angesehen werden, wenn der Anwender sich auf einfache Abfragen beschränkt."