Noch keine Angaben über künftige Vertriebsformen

Siemens-Nixdorf trennt die PCs aus dem DV-Hauptgeschäft heraus

07.08.1992

MÜNCHEN (CW) - Die IBM hat es vorgemacht, die Siemens-Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) zieht nach: Das PC-Geschäft wird ausgelagert. Ob diese Maßnahme früh genug kommt, ob sie zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit im am härtesten umkämpften DV-Marktsegment ausreicht, beurteilen Branchenkenner skeptisch.

Ab Oktober 1992 soll in Augsburg die PC-Unit ihre Arbeit aufnehmen, der alle geschäftlichen Funktionen zugeordnet sein werden, "von der Produktplanung über Entwicklung, Produktion und Vertrieb bis hin zum Kundendienst", so eine SNI-Mitteilung. Noch abzuschließen sei die Detailplanung der Neustrukturierung mit folgenden Zielen: "kurze Entscheidungswege, schnelle Reaktionen auf den Markt, Kostenoptimierung". Genauere Angaben waren von SNI vorerst nicht zu erhalten. Daß es Sinn macht, das PC-Geschäft in eigenen Strukturen zu betreiben, bezweifelt keiner der von der CW hierzu befragten Experten und SNI-Konkurrenten. Hans Strack-Zimmermann etwa früher leitend bei Siemens-DI tätig, meint, die Sache sei "überfällig" gewesen. Was Produkte und Herstellungsverfahren angeht, urteilt er, sei SNI auch konkurrenzfähig.

Die Achillesferse indes sei der Vertrieb. Strack-Zimmermann vermutet, daß künftig ein Direktvertrieb in Form von Mailorder oder Verkauf ab Werk stattfinden wird. Das ist auch der Tip von Kurt Dobitsch, Geschäftsführer des SNI-Konkurrenten Compaq Computer GmbH aus München.

Für einen Erfolg der Neupositionierung von SNI könnte es jedoch bereits zu spät sein, orakelt der Manager. Schon Compaq habe bei seiner Ausrichtung an den Erfordernissen des Marktes ab Herbst 1991 unter Zeitdruck gestanden. Es sei fraglich, so Dobisch, ob die Infrastruktur von SNI flexibel genug für einen Neubeginn sei und ob es genügend Vertriebsmitarbeiter gebe, "die so etwas mit sich machen lassen". Ein Neubeginn koste Energie und Substanz.

Vermarktungsgeschwindigkeit und Preiselastizität seien existenzkritisch für einen PC-Anbieter, meint auch Jürgen Georg Hüniken, Geschäftsführer der Frankfurter Everex Systems Deutschland GmbH. Die "mentalen" Voraussetzungen einer solchen Beweglichkeit sieht er in dem "administrativen Moloch" nicht gegeben. Die Ausgliederung, so Hüniken, schaffe die strukturellen Voraussetzungen für eine Lösung der PC-Frage, sei aber nicht die Lösung selbst.