Umsatz-Spitzenreiter

Siemens: kann mit erreichtem Ergebnis 1990 zufrieden sein

08.02.1991

An den deutschen Wertpapierbörsen war Siemens 1990 Umsatzspitzenreiter. Nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Wertpapierbörsen wurden 1990 Siemens-Aktien im Wert von 179,3 Milliarden Mark gehandelt. Bereinigt man diese Zahl um die "Doppelzählung" (An- und Verkauf werden jeweils als ein separater Umsatz gezählt) und berücksichtigt man, daß 1990 zirka 20 Prozent des Aktienhandels "börsenintern", also unter Maklern, abgewickelt wurde, so reduziert sich der Börsenumsatz bei Siemens auf etwa 70 Milliarden Mark.

Bei einem zugrundegelegten Mittelkurs von 700 Mark je Siemens-Aktie haben 1990 demnach zirka 100 Millionen Aktien den Besitzer gewechselt - dies entspricht fast der doppelten Anzahl der ausstehenden Siemens-Aktien.

Der Umsatz in Siemens fiel damit lebhafter als im Durchschnitt des deutschen Aktienmarktes aus: Der Gesamtmarkt wurde lediglich 1,43mal umgeschlagen. Selbst bei Zugrundelegung niedriger institutioneller Spesen dürfte das beim Handel mit Siemens-Aktien 1990 erwirtschaftete Provisionsaufkommen kaum niedriger ausgefallen sein als die gesamte Dividendenausschüttung des Unternehmens an seine Aktionäre.

Während die Unternehmensleitung mit einer Ergebnisstagnation für 1991 rechnet, werden sich die Erträge der Finanzdienstleister, die im Umsatz mit Siemens-Aktien erwirtschaftet werden, 1991 voraussichtlich erhöhen. Durch die Neueinführung des Indexterminalhandels auf den deutschen Aktienindex dürften die Umsätze in Standardwerten 1991 tendenziell steigen.

Ob sich die 580 000 Siemens-Aktionäre in diesem Jahr ähnlich wie 1985 und 1990 über einen Höhenflug des Aktienkurses auf neue historische Höchstmarken freuen können, ist sehr zweifelhaft. Zum einen fehlt es dem Unternehmen im Konsolidierungsjahr 1991 an Gewinndynamik, zum anderen leidet der deutsche Aktienmarkt weiterhin unter dem sehr hohen Realzinsniveau (inflationsbereinigtes Zinsniveau) und den bekannten politischen Unsicherheiten.

Dennoch: Angesichts der widrigen externen Einflüsse auf das Siemens Ergebnis 1990 kann die Unternehmensleitung mit dem erreichten Ergebnis zufrieden sein. Beispielsweise verdoppelten sich die Abschreibungen auf den Wertpapierbesitz auf 725 Millionen Mark.

Der Nixdorf-Verlust lag über Plan, und die Vorleistungen für das DDR-Geschäft waren erheblich. Die Rückstellungen im Konzern wurden 1990 um rund eine Milliarde Mark (nach zirka 2 Milliarden Mark im Jahr 1989) auf 31,8 Milliarden Mark erhöht und belaufen sich auf 49 Prozent der Bilanzsumme. Darin sind auch die Pensionsrückstellungen enthalten.

Die leichte Anhebung der Dividende auf 13 Mark deutet darauf hin, daß der Siemens-Vorstand zuversichtlich für die zukünftige Gewinnentwicklung ist.

Ohne die Verwässerung des Kapitals um 5 Prozent aus der Ausübung von Optionsrechten sowie der Ausgabe neuer Titel aus dem genehmigten Kapital II wäre der DVFA-Gewinn je Aktie auf 46 Mark gestiegen, anstatt auf 44 Mark zu fallen.

Eine noch höhere Verwässerung von bis zu 6 Prozent des heutigen Grundkapitals könnte es 1992 bei Fälligkeit der Optionsanleihe aus dem Jahr 1986 geben. Diese Möglichkeit dürfte jedoch für die Kursbildung im laufenden Jahr noch keine Rolle spielen da der Bezugskurs je Siemens-Aktie aus dem Optionsrecht von 1986 bei 620 Mark, also über dem heutigen Aktienkurs, liegt.

Zum heutigen Zeitpunkt würde eine Ausübung der Optionsrechte nicht erfolgen, eine Verwässerung fände nicht statt.

Das kann sich bei weiter anziehenden Siemens-Kursen jedoch schnell ändern.

*Arnd Wolpers ist Geschäftsführer der Vermögengesellschaft CMW GmbH in München.