Siebel will der Jäger sein

09.05.2005
Der neue CEO George Shaheen hat sich ein ehrgeiziges Gewinnziel gesteckt. Bis Ende 2005 will er eine operative Marge von 15 Prozent vorweisen.

Schlanker, schneller und fokussierter werde Siebel in den kommenden Monaten auftreten, sagte der seit einem Monat amtierende Siebel-Chef Shaheen vergangene Woche in den USA vor Analysten und Investoren: "Wir werden die Firma auf Wachstum ausrichten." Siebel sei Jäger, nicht Gejagter.

Eines der wenigen starken Argumente Shaheens ist die mit 2,2 Milliarden Dollar gefüllte Kasse. Teile des Geldes sollen für strategische Akquisitionen genutzt werden. Details, in welcher Richtung sich Siebel Wachstum kaufen will, wurden nicht genannt. Vehement vorgetragene Forderungen der Investoren, Aktien zurückzukaufen oder eine Sonderdividende auszuschütten, wies das Management jedoch zurück. Stattdessen präsentierte Shaheen das Ziel, bis zum Ende des Fiskaljahres eine operative Marge von 15 Prozent zu erreichen. Dieser Wert, so seine Hoffnung, sei danach noch ausbaufähig.

Experten erwarten Entlassungen

Berichten zufolge reagierten Investoren mit Skepsis auf die vollmundige Ankündigungen. Schließlich sei Siebel seit Jahren nicht mehr auf eine Gewinnspanne von 15 Prozent gekommen. Zudem erfordere dies einen Quartalsumsatz von 350 Millionen Dollar. Im jüngsten Berichtszeitraum kam Siebel auf Einnahmen von knapp 300 Millionen Dollar. Laut Ken Goldman sei das Management "total fokussiert", die Gewinnspanne zu erreichen. Das wird nicht ohne Entlassungen gehen, deren genaue Zahl jedoch nicht genannt wurde. Im Zentrum der Reorganisation steht die Vertriebsmannschaft.

Auch wenn der Investorentag in US-amerikanischen Wirtschaftsmedien überwiegend als "Enttäuschung" bezeichnet wurde, zog der Kurs der Siebel-Aktie vergangene Woche an. Allerdings hatte das Unternehmen zuvor bestätigt, ein oder mehrere Angebote zu seiner Übernahme erhalten und diskutiert zu haben. Eine außerplanmäßige Sitzung des kompletten Verwaltungsrats hätten die Vorgänge aber nicht erforderlich gemacht.

Lawries Streit mit Tom Siebel

Leicht wird die Aufgabe für Shaheen, den Turnaround zu schaffen, nicht: In einem Interview mit dem Magazin "Business Week" gab der im April entlassene CEO Mike Lawrie zu Protokoll, sich mit Firmengründer und Verwaltungsratschef Tom Siebel über die strategische Richtung auseinander gesetzt zu haben. Statt rigide die Kosten zu senken, wollte Lawrie die Firma mittels Investitionen von einem Produkt- zu einem Lösungsanbieter umbauen. Das Dezember-Quartal war überraschend gut ausgefallen, die Monate von Januar bis März blieben indes deutlich hinter den finanziellen Erwartungen zurück. Lawries Amtszeit dauerte nicht einmal zwölf Monate. (ajf)