Servicebausteine stärken die interne IT

24.10.2006
Von Von Robin Prothmann und Tim Kruppe  
Die Standardisierung des Portfolios vereinfacht die Fremdvergabe von IT-Diensten. Das muss nicht zum Nachteil der hauseigenen IT sein und bringt jedem Unternehmen Vorteile.
Anwender sollten für Services, mit denen sich interne Dienstleister kaum von externen Wettbewerbern abgrenzen können und die relativ geringe Kosteneffizienz versprechen, den Fremdbetrieb erwägen.
Anwender sollten für Services, mit denen sich interne Dienstleister kaum von externen Wettbewerbern abgrenzen können und die relativ geringe Kosteneffizienz versprechen, den Fremdbetrieb erwägen.

Trotz steigendem Reifegrad von IT-Dienstleistungen versuchen interne IT-Provider noch immer, einen Großteil der Anforderungen aus den Fachabteilungen im Rahmen von individuellen Projekten zu erfüllen. Die Vorhaben seien zu komplex, um sie standardisiert angehen zu können. Mit demselben Argument rechtfertigen IT-Verantwortliche auch die Komplexität ihrer internen Prozesse. Das ist gefährlich, denn in vielen Konzernen schreiben die Auftraggeber aus den Fachabteilungen aufgrund weggefallender Kontrahierungszwänge einzelne Projekte extern aus und können durch die zunehmende Standardisierung und Harmonisierung die Leistungen sehr gut mit den im Haus erbrachten vergleichen. Die Konzern-IT steht so in jedem Projekt erneut vor einem Preis- und Wettbewerbsdruck.

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Wo die Bausteine liegen

Mit diesen Fragen identifizieren Sie Leistungen, bei denen eine Kooperation mit externen Dienstleistern sinnvoll ist:

• Wie standardisiert sind die Leistungen?

• Bieten die Dienste Differenzierungspotenzial?

• Können die Services die Kernleistungen Ihres Unternehmens deutlich verbessern?

• Verfügt Ihr Unternehmen über Know-how, das sich am Markt nicht zukaufen lässt?

• Wird Know-how gesammelt, das für die Entwicklung des Kerngeschäfts erforderlich ist?

• Würde das Kerngeschäft bei Verlust dieses Know-hows geschwächt?

• Ließe sich die Komplexität der internen Abläufe durch eine Auslagerung reduzieren?

• Verbessert oder verschlechtert sich die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit durch eine Auslagerung einzelner Bereiche?

Benchmarking weist den Weg

Der Bensberger Kreis ist ein Benchmarking-Panel, in dem sich Konzern-IT-Betreiber regelmäßig austauschen. Ziel ist es, interne IT-Dienstleister sowohl innerhalb ihrer Peer-Group als auch branchenübergreifend zu vergleichen und konkrete Handlungsempfeh- lungen zu geben. Branchenspezifische Peer-Groups sind für die Finanzindustrie über Transport und Verkehr bis hin zum öffentlichen Sektor in Vorbereitung. Die Strategiebera- ter der SMP AG ermitteln die steuerungsrelevanten Kenn- zahlen.

Darüber hinaus steht der Erfahrungsaustausch auf Führungsebene im Vordergrund: Ein jährliches Treffen auf dem Schloss Bensberg bei Köln gibt dem Zirkel seinen Namen. Zuletzt nahmen von den 25 größten konzerngebundenen IT-Dienstleistern mehr als die Hälfte am Bensberger Kreis teil (www.bensbergerkreis.net).

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Produkte statt Projekte

Erste interne IT-Abteilungen haben auf den steigenden Kostendruck und den Ruf nach externen Leistungen ihre Antwort gefunden, indem sie Standardisierung und Fremdbezug kombinieren und die damit erzielten Preisvorteile an die Kunden aus den Fachabteilungen weiterreichen. Doch um alle Leistungsbereiche zu identifizieren, in denen solche Effizienzsteigerungen möglich sind, braucht es Vorarbeiten: Die eigene IT muss als Baukasten aus Einzelleistungen definiert werden.

Bei genauer Betrachtung werden in jedem großen IT-Pro- jekt standardisierbare Komponenten sichtbar. Diese kommen in unterschiedlichen Projekten immer wieder vor und unterscheiden sich von Mal zu Mal nur in der Ausprägung voneinander. Das gilt vor allem für einfache IT-Support-Aufgaben und sonstigen Betriebsdiensten. Bereiche wie die Anwendungsentwicklung sind komplizierter. Einerseits gibt es auch hier standardisierbare Aufgabenblöcke wie das Testing und das Change-Management. Anderseits geht es um individuelle Leistungen, die sich aber ebenfalls in Blöcken zusammenfassen lassen, und zwar unter inhaltlichen Gesichspunkten.

Zur Anwendung kommt dieses Vorgehen bislang selten. Die Analyse von Daten aus dem Benchmarking-Panel Bensberger Kreis (siehe Kasten "Benchmarking weist den Weg") zeigt, dass von den führenden IT-Dienstleistern im Konzernverbund weniger als 50 Prozent ein explizites Produkt-Management betreiben beziehungsweise ein standardisiertes Produktportfolio definiert haben. Dabei reichen die Vorteile einer solchen Orientierung über die Kostenersparnisse hinaus. Die klare Definition eines Leistungskatalogs erleichtert es der internen IT, sich einerseits eindeutig im Konzern zu positionieren. Andererseits optimieren die Kataloge die internen Abläufe - Preisberechnungen werden einfacher und komplette Projekte sind von der Ausschreibung bis zur Leistungserbringung leichter zu betreuen.

Externe Leistungsvergabe

Sind die Arbeiten am Servicebaukasten abgeschlossen, folgt die nächste Aufgabe. Die internen IT-Abteilungen sollten nicht davor zurückschrecken, nach Möglichkeiten zur Kooperation mit externen Partnern zu suchen. Ausschlaggebend für die Entscheidung über das Outsourcing eines Teilbereiches müssen zwei Kriterien sein: relative Kosten- und Leistungseffizienz sowie der Grad, in dem die IT-Abteilung sich von der Konkurrent abgrenzen kann, wenn sie die Leistung selbst erbringt.

So berichtet Lothar Engelke, Geschäftsführer der IDG, des internen IT-Dienstleisters des Versicherungshauses Gothaer: "Wir haben im letzten Jahr in einigen Bereichen externe Mitarbeiter durch interne ersetzen können und uns gleichzeitig bei anderen Themen zum Outsourcing entschlossen. Beides hat uns viel Geld gespart." Gleichzeitig müsse man die strategische Bedeutung der Leistungen berücksichtigen. "Bei Themen, die Kernkompetenzen der eigenen IT-Organisation oder des Konzerns betreffen, sollte man auf externe Unterstützung verzichten", warnt Engelke. Diese Strategie ist sinnvoll. Je stärker die interne IT ihre Leistung auf die Ansprüche des Mutterkonzerns abstimmt, desto wahrscheinlicher kann sie sich durch ihre spezifische Erfahrung von externen Konkurrenten abgrenzen.

Bei Aufgaben fernab des Kerngeschäfts, die externe Anbieter günstiger erledigen können, bestehen wenig Gründe, deren Angebote zu ignorieren. So gaben etwa ein Achtel der Teilnehmer des Bensberger Kreises an, Leistungen wie Helpdesk und Desktop-Services von einem Outsourcer zu beziehen. Für erfolgsentscheidend erachten die Mitglieder des Benchmarking-Panels, dass die externen Betreiber von der internen IT-Organisation beauftragt werden. Nur so lässt sich das Gesamtprojekt reibungslos koordinieren.

Bessere Koordination möglich

Mit einem transparenten Leistungsportfolio und einer durchdachten Sourcing-Strategie, die in den relevanten Bereichen auch auf externe Dienstleister setzt, kann die Konzern-IT Kosten sparen, die Qualität verbessern und die Entwicklung umkehren, wonach immer größere Teile des IT-Budgets im Konzern an der internen IT vorbeigeschleust werden. Zudem können die internen Provider ihre Kernkompetenzen gezielt ausbauen und das Vertrauen in ihre Organisation stärken.

Die Konzernmutter wird langfristig von Skaleneffekten und einfachen Prozessen profitieren. Dadurch dürften die IT-Kosten sinken. Zudem wird die wieder erstarkte Stellung der Konzern-IT der Systemlandschaft guttun, weil ein interner Dienstleister ihre Vereinheitlichung besser koordinieren kann. Das beugt späteren Überraschungen bei der Integration der verschiedenen Komponenten vor. Trotzdem kann der Konzern sich darauf verlassen, einzelne Services von spezialisierten Dienstleistern zu bekommen und kein Geld zu verschwenden.

Schutz vor Komplett-Outsourcing

Wenn die Konzern-IT ein transparentes Leistungsportfolios definiert und mit ausgewählten externen Dienstleistern kooperiert, kommt das Mutter und IT-Tochter zugute. Verschließt sich der interne Provider jedoch diesen Themen, wird der Preis- und Wettbewerbsdruck steigen. Dem hat die interne IT irgendwann wenig entgegenzusetzen, der Ruf nach komplettem Outsourcing wird dann zwangsläufig lauter. (jha)