Broadvision steuert Geschäftsprozesse am Web-Frontend

Self-Service im Web statt Call-Center

28.11.2003
MÜNCHEN (fn) - Der amerikanische E-Commerce-Spezialist Broadvision entwickelt mit "Kona" eine Software, mit der Firmen Web-basierende Selbstbedienungsangebote ohne Programmieraufwand einrichten können. Somit sollen sich beispielsweise Vorgänge wie die Beschwerdeannahme oder Produktanfragen automatisieren lassen.

Vor allem an Firmen, die in großem Stil Anfragen oder Beschwerden abwickeln müssen, will Broadvision Kona anbieten. Die Software wird in Java geschrieben und erlaubt es dem Anwender, Online-Formulare und Abläufe über ein grafisches Interface zu erstellen. Grundsätzlich dient das Tool dazu, Geschäftsprozesse zu definieren. Im Gegensatz zu Business-Process-Management-Anbietern wie Filenet oder Staffware konzentriert sich das kalifornische Unternehmen jedoch ausschließlich auf Frontend-Abläufe im Web-Portal beziehungsweise Internet-Shop.

Zwar würden schon heute Unternehmen ihren Kunden Self-Service via Web bieten, diese Funktionen einzurichten und vor allem an neue Anforderungen anzupassen sei jedoch sehr aufwändig und meist mit Programmiertätigkeit verbunden. Auch Broadvisions Kunden zählen zu dieser Kategorie.

Neben den Designfunktionen plant Broadvision, Schablonen für typische Web-Dienste bereitzustellen, etwa "Bill Dispute", also einen Service für Endkunden, die beispielsweise Fragen zu ihrer Telefonrechnung haben. Über ein Web-Formular kann der Konsument seine Kundendaten sowie sein Anliegen eintragen. Die Prozesssteuerung leitet die Anfrage dann an den zuständigen Sachbearbeiter weiter. Auf diese Weise sollen Call-Center-Kosten eingespart werden.

Broadvision möchte Kona sowohl als eigenständiges Produkt vermarkten als auch integriert in die eigenen Produkte "One-to-One Content", "Portal" und "Commerce". Die Stand-alone-Variante richtet sich unter anderen an Anwender der Applikations-Server "Websphere" von IBM und "Weblogic" von Bea. Als integrierte Lösung soll Kona zum Beispiel den Verkaufsprozess in One-to-One Commerce erweitern, etwa mit Funktionen zur Rückgabe online erworbener Waren. Kona wird sich darüber hinaus mit der Rules-Engine koppeln lassen, mit der Broadvision die Personalisierung von Web-Angeboten realisiert. Die Kombination gestattet es Unternehmen, Self-Services kundenspezifisch anzubieten. Eine Betaversion von Kona hat Broadvision für das erste Quartal 2004 in Aussicht gestellt, mit dem endgültigen Produkt rechnet der Hersteller gegen Ende März. Neben der Software will das Unternehmen auch Consulting anbieten und hat hierzu eine neue Sparte gegründet.

Um den Anbieter war es lange Zeit still. Wie viele Hersteller von E-Commerce-Software litt auch Broadvision stark unter dem Niedergang der New Economy. Nach drastischen Kostensenkungsmaßnahmen und Massenentlassungen erwirtschaftete die Firma im vergangenen Jahr einen Umsatz von 110 Millionen Dollar. Im dritten Quartal 2003 (Ende: 30. September) beliefen sich die Einnahmen auf 18,6 Millionen Dollar, davon waren 5,1 Millionen Lizenzumsätze. Der Fehlbetrag lag bei 10,3 Millionen Dollar, im Vorjahreszeitraum schrieb Broadvision 67,7 Millionen Miese. Weltweit beschäftigt das Softwarehaus 450 Mitarbeiter, zehn davon in Deutschland.