Software für unternehmenskritische Anwendungen

Seer Technologies möchte im Komponentenmarkt mitmischen

29.08.1997

Die Softwareschmiede aus Cary in North Carolina konnte erstmals seit 1995 wieder Gewinne einfahren. Das am 30. Juni beendete dritte Quartal schloß das Unternehmen mit einem Umsatz von 26,9 Millionen (wie im Vorjahr) und einem Reinerlös von rund 90 000 Dollar ab. "Die Restrukturierungsmaßnahmen, die seit Ende des vergangenen Jahres laufen, haben sich ausgezahlt", sagte Thomas Wilson, CEO von Seer. Gleichzeitig gab er die neue Strategie der 800 Mitarbeiter starken Company bekannt. Ähnlich wie die Entwicklungs-Tool-Anbieter Dynasty Technologies Inc. (Dynasty Development Environment) und Compuware Corp. (Uniface) plant Seer, komponentenbasierte Systeme und Werkzeuge anzubieten.

Mit der Produktlinie unter dem Namen "Lightspeed" bietet Seer zunächst Daten- und Funktionsmodelle an. Später sollen auch Softwarebausteine erstellt werden, die in Funktionsbibliotheken gespeichert werden und mit denen sich Geschäftsanwendungen erstellen lassen. Die vorgefertigten und erprobten Modelle erfüllen laut Seer rund 50 bis 70 Prozent der Funktionen kompletter Anwendungen. Mit der hauseigenen Entwicklungsplattform "High Performance System" (HPS) lassen sich die Komponenten dann zu vollständigen Business-Applikationen ergänzen. HPS erzeugt dabei eine Metasprache, die je nach Verwendung auf dem Server in Cobol oder in C für Clients generiert wird. In den USA laufen bereits erste Projekte mit Java.

Lightspeed ist Bestandteil eines sogenannten Customer-Relationship-Frameworks (CRM), darunter sind Lösungen zum Kunden-Management zu verstehen, mit dem Anwender die Möglichkeit haben, die am besten geeigneten Softwaremodule ("best of breed") sowohl aus Seer-Produktion als auch von Drittanwendern zu Unternehmensanwendungen zu verbinden. Zur Verknüpfung der Softwarebausteine kommt Seers "Netessential Middleware" zum Einsatz (Abbildung: Seers Middleware). Sie dient als Kommunikationsarchitektur für Anwendungen und stellt Services wie Remote Procedure Calls und Request Routing zur Verfügung. Sie unterstützt Active-X-Controls, Microsofts Technologie für verteilte Anwendungen. Die Einbindung von Komponenten, die auf der Common Object Request Broker Architecture (Corba) basieren, ist in Planung.

Seer möchte das Angebot an Komponenten zum einen selber entwickeln, zum anderen soll das Portfolio durch Kooperationen mit Software- und Systemhäusern erweitert werden. Dazu wurde mit der Tandem Corp. eine Vereinbarung über den Verkauf von Software getroffen, eine weitere Partnerschaft besteht mit Hewlett-Packard.

Zielmärkte für die Komponentensoftware sind neben Banken vor allem Versicherungen, Telekommunikationsanbieter sowie Transportunternehmen und Energieversorger.

Ende Juli 1997 steht ein erstes "Lightspeed Financial Model" (LFM) für den Finanzdienstleistungsbereich zur Verfügung. Darin enthalten sind Daten- und Funktionsmodelle, mit denen sich standardisierte Geschäftsprozesse der Finanzbranche abbilden lassen. Anwender können die Funktionen unterschiedlich kombinieren, so daß trotz der Verwendung vorgefertigter Module individuelle Anforderungen abbildbar sind. Bis zum Jahresende ist geplant, ein Konzept für eine vollständige CRM-Produktpalette zu erarbeiten. Bis 1999 steht die Entwicklung von Bibliotheken mit Anwendungsbausteinen, branchenspezifische Geschäftsmodelle und anpaßbare Applikationen auf dem Plan.