Sechs Tipps für den effektiven IT-Einkauf

23.03.2005
Warum es beim Technik-Shopping um mehr geht als den reinen Erwerb von Produkten.

Wir haben beim Kauf einer vertikalen Lösung von einem Second-Tier-Anbieter einen ungewöhnlich guten Deal gemacht", freute sich der CTO einer US-amerikanischen Non-Profit-Organisation.

Zu früh, wie sich herausstellen sollte: Erst im Nachhinein fand der IT-Manager heraus, dass sein Unternehmen der bei weitem größte Kunde des Anbieters war und dieser weder die firmenspezifischen Bedürfnisse seiner Klientel verstand noch dazu in der Lage war, den erforderlichen Support zu erbringen.

Das Aushandeln des opti- malen Technik-Deals erfordert im Prinzip nicht weniger Fer- tigkeiten als jede andere IT-Funktion: Auch hier geht es darum, die wesentlichen Informationen zu sammeln, genau zu planen und die richtigen Beziehungen zu pflegen sowie das für den Job geeignete Personal einzusetzen. Der Schlüssel zum günstigen IT-Einkauf liegt darüber hinaus im Aufbau einer tragfähigen Beziehung zum Anbieter und dem richtigen Umgang damit.

Wer beim IT-Einkauf die Nase vorn haben will, sollte demnach grundsätzlich...

- ... mit den richtigen Informationen bewaffnet sein,

- ... wissen, wann sich diese nutzen lassen,

- ... stets für die Gegenwart und die Zukunft verhandeln,

- ... ab und zu ein kalkulierbares Risiko eingehen - und sich dessen bewusst sein.

Die CW-Schwesterpublikation "Infoworld" hat IT-Manager und Berater nach den wirkungsvollsten Taktiken beim IT-Shopping gefragt und diese zu sechs "Einkaufsstrategien" zusammengefasst.

Die eigenen Bedürfnisse kennen

Zunächst gilt es, sich über bestehende wie künftige Bedürfnisse des eigenen Unternehmens klar zu werden. Das ist jedoch noch alles andere als selbstverständlich: "Viele Unternehmen kennen sich selbst nicht gut genug, um richtig zu entscheiden", hat etwa Michele Pavlyak, Gründer des Beratungshauses Linchpin Manufactoring Specialists, beobachtet.

Ein tiefes Verständnis der eigenen Anforderungen erleichtere es zum einen, Lösungen für tatsächliche und nicht etwa imaginäre Probleme zu finden. Zum anderen vermittle der mögliche Käufer dem Anbieter damit, dass er zum Dauerkunden werden könnte. So lasse sich eventuell ein günstigerer Preis heraus- holen.

Den Anbieter kennen lernen

Nach der Orientierung in Sachen Eigenbedarf gilt es, möglichst viele Informationen über den Partner in spe einzuholen. "Anbieter mögen sich als Partner bezeichnen - ihr erstes Ziel ist jedoch, Geld zu verdienen", gibt Gartner-Analyst Mike Chuba zu bedenken. Informationen über aktuelle Wirtschaftsdaten des potenziellen Partners seien eine Grundvoraussetzung für fundierte Entscheidungen. Es lohnt sich auch zu wissen, für welche Produktkombinationen die Vertriebsleute welche Incentives bekommen. Nach Empfehlung von Jan Hemmady, Ex-CIO eines Information-Services-Providers, sollten Softwareanschaffungen möglichst auf das Quartalsende des Anbieterunternehmens gelegt werden. Wenn die Vertriebler dann ihre Umsatzprognosen noch nicht erfüllt hätten, böten sie mitunter erhebliche Preisnachlässe.

Die Produkte des Anbieters kennen

Gartner-Analyst Chuba empfiehlt, sich über die Produkt-Roadmaps der Anbieter schlau zu machen. So sei es bei brandneuen Systemen schwerer, Rabatte auszuhandeln, als etwa bei Lösungen, die bereits seit einem Jahr auf dem Markt sind. Randy Kerns, Senior Partner bei der Evaluator Group, hält es zudem für hilfreich, herauszufinden, wo die Gewinnspannen der Anbieter liegen: "Im Speicherbereich beispielsweise lassen sich über den Verkauf von Storage-Management-Software ungleich höhere Margen erzielen als mit Hardware." Wer über solche Informationen verfüge, der wisse, wo im Hinblick auf die Preisgestaltung Flexibilität bestehe.

Ein Wettbewerbsklima schaffen

Eine gute Beziehung zum Anbieter darf einen gesunden Wettbewerb nicht verhindern. Kerns setzt hier auf die 80/20-Regel: "Am besten, man kauft 80 Prozent der Produkte von einem Anbieter und 20 Prozent von einem anderen." Während sich Letzterer anstrengen wird, die 80 Prozent zu bekommen, sieht der Hauptlieferant, was er zu verlieren hat, wenn er sich nicht um seinen Kunden bemüht, so Kerns? Rechnung. Für Chuba gilt es gerade im Commodity-Bereich wie bei den PCs, den Wettbewerb spielen zu lassen. "Wer normalerweise Systeme von IBM oder Hewlett-Packard bezieht, sollte durchblicken lassen, dass er auch einen kleineren Anbieter an der Hand hat - das hält den Konkurrenzgedanken am Leben."

Den Neukundenvorteil nutzen

Bestehende Partner an der Angel zu halten ist wichtig. Die größte Hebelwirkung besteht jedoch beim ersten Kauf - vor allem, wenn der Kunde ein Großunternehmen ist. "Anbieter wissen, dass die Aussichten auf künftige Deals günstig sind, sobald sie mit einem Unternehmen ins Geschäft kommen", so Kerns. Bleibt die Einigung hingegen aus, ist ihnen klar, dass sie für die nächsten drei Jahre nicht mehr zum Zug kommen werden. "Zu Beginn der Beziehung ist alles verhandelbar", meint auch Chuba. Demnach gelte es für Käufer, zu diesem Zeitpunkt so viel wie möglich für sich herauszuschlagen.

Allerdings versucht die andere Seite das auch: Nicht selten vergisst der Käufer am Anfang wichtige Details, die beträchtliche Folgekosten nach sich ziehen. So gilt es jetzt schon, den Preis für in den Folgejahren zusätzlich benötigte Softwarelizenzen inklusive Wartung festzulegen. Der ehemalige IT-Chef Hemmady empfiehlt, darauf zu achten, dass die prozentualen Maintenance-Kosten auf Basis des individuell ausgehandelten Preises und nicht etwa nach dem Listenpreis berechnet werden. Ebenso sollten bereits am Anfang Vorkehrungen für den späteren Ausstieg aus nicht mehr genutzten Lizenzen getroffen werden. "Bereits sechs Monate nach Vertragsabschluss könnte es sein, dass der CEO eine andere Firma zukauft oder den Teil des Unternehmens, in dem das jeweilige Produkt eingesetzt wird, abstößt", erläutert Chuba. Grundsätzlich rät er von allzu langfristigen Verträgen ab. Zwar gewähre der Anbieter häufig höhere Rabatte, allerdings leide darunter die Flexibilität des Kunden.

Verhandlungskünstler rekrutieren

Die beste Empfehlung in Sachen IT-Einkauf ist vermutlich, sich der eigenen Grenzen bewusst zu sein: So sind IT-Manager weder zwingend gute Verhandlungsführer, noch verstehen sie stets die Bedürfnisse der einzelnen Fachbereiche, die es zu bedienen gilt. "Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf Personal, das speziell im Aushandeln von Verträgen ausgebildet ist", berichtet Pavlyak von Linchpin. Sinnvoll könne es auch sein, sich für diese Zwecke einen Berater ins Haus zu holen - dabei warnt er allerdings vor Consulting-Firmen, deren Verhältnis zum Anbieter inniger ist als zu ihrer Klientel. (kf)