Aufschwung erst für das nächste Jahr erwartet

Schwieriger Chip-Markt schmälert die Erträge von TI

12.10.1990

MÜNCHEN (bk) - Der amerikanische Halbleitermarkt stagniert, die Umsätze im Bereich Verteidigungselektronik schrumpfen, die Erträge sind auf Talfahrt: Texas Instruments, dem Halbleiterriesen aus Dallas, stehen keine leichten Zeiten ins Haus. Für das dritte Quartal rechnen die Texaner sogar mit Verlusten.

Bereits im zweiten Abschnitt des laufenden Geschäftsjahres hat die Texas Instruments Inc. (TI) weitaus schlechter abgeschnitten als im vergleichbaren Vorjahresquartal. Der schwache Halbleitermarkt bescherte dem Chip-Hersteller aus Dallas einen Umsatzrückgang von 2,3 Prozent auf knapp 1,6 Milliarden Dollar, beim Gewinn von 11 Millionen Dollar blieben die Texaner gleich um 89,6 Prozent unter dem Vorjahreswert von 106 Millionen Dollar. Die Sparte Halbleiter, die gut ein Drittel des TI-Gesamtumsatzes ausmacht, schrieb im zweiten Abschnitt gar schon rote Zahlen. Auch die Halbjahreszahlen lesen sich für den amerikanischen Halbleiterproduzenten nicht besser. Der Umsatz ging auf 3,13 (Halbzeit Vorjahr: 3,22) Milliarden Dollar zurück, die Erträge rutschten von 237 auf 18 Millionen Dollar ab.

Vor allem der Preisverfall bei Speicher-Chips, so erklärte Stan Victor, Director Media Relations bei TI in München, müsse für die kargen Einkünfte verantwortlich gemacht werden. Hinzugekommen seien höhere Vorlaufkosten für neue Produkte und Fertigungskapazitäten. Da sich zu diesen Belastungen auch noch Reparaturkosten für das durch ein Erdbeben im Juli beschädigten Halbleiter-Test- und Montagewerk in Baguio auf den Philippinen addierten, müsse mall nun im dritten Quartal mit einem Verlust rechnen.

Gedanken müssen sich die TI-Unternehmensstrategen auch über einen anderen wichtigen Geschäftsbereich machen, die Verteidigungselektronik. Im Zuge der weltweiten Abrüstung werden größere Aufträge vom Pentagon zunächst ausbleiben, was nicht nur für die Mitarbeiterzahl in diesem Bereich Konsequenzen haben wird - TI plant einen Stellenabbau von 1000 Beschäftigten -, sondern sich auch auf den Umsatz des Halbleiterriesen nachteilig auswirken dürfte. Immerhin machte T1 im vergangenen Geschäftsjahr ein gutes Drittel seines Gesamtumsatzes von 6,5 Milliarden Dollar mit Militärelektronik. Jetzt rechnet die Konzernspitze zumindest in den nächsten fünf Jahren mit rückläufigen Einnahmen in diesem Bereich. Wolfgang Glöckle, Geschäftsführer der Texas Instruments Deutschland GmbH, Freising, erklärte dazu: "Der Bereich der Verteidigungselektronik muß neu definiert werden" Dennoch ließe sich mit dem auf diesem Gebiet gewonnenen Basiswissen auch in Zukunft Geld verdienen, indem man es verstärkt im zivilen Bereich nutze. So könne beispielsweise die Infrarot-Erkennung den Verkehrs-Leitsystemen zugute kommen.

Im Halbleitergeschäft sollen schon Mitte nächsten Jahres wieder bessere Zeiten für TI anbrechen. Der US-Markt, so Victor, werde sich schrittweise erholen. Große Hoffnungen aber setze man vor allem auf den weiter wachsenden europäischen Markt. Nach einem Wert von 8,9 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr sagt eine Marktstudie, die nach Auskunft des US-Managers zusammen mit TI erstellt wurde, dem europäischen Halbleitermarkt 1990 eine Steigerung um neun Prozent und 1991 ein Wachstum von 14,8 Prozent voraus. 1992 soll er gar um 18,6 Prozent zulegen. (Siehe CW Nr. 40 vom 5. Oktober 1990, Seite 2: Chipindustrie...)

Davon will auch Texas Instruments profitieren. In diesem Geschäftsjahr soll der letztjährige Europa-Umsatz von einer Milliarde Dollar übertroffen werden, weitere Impulse erhoffen sich die TI-Strategen von ihrem neuen italienischen Wafer-Werk in Avezzano, wo die Produktion erster CMOS-Chips gerade begonnen hat.

Mehr Umsatz einfahren will auch die deutsche TI-Tochter in Freising. Geschäftsführer Wolfgang Glöckle peilt nach 560 Millionen Mark 1989 für das laufende Jahr 600 Millionen Mark an. Aber auch die Freisinger, die am Stadtrand Münchens Logikbausteine produzieren und die in den vergangenen Jahren rund 100 Millionen Mark in die Fertigung investierten, haben derzeit Probleme mit den Auftragseingängen im Chip-Bereich. Seit August sind die Bestellungen rückläufig, was Glöckle in erster Linie auf die Umstrukturierung der deutschen Computerindustrie zurückführt. So erwartet der Tl-Geschäftsführer in Sachen Siemens-Nixdorf einen Abschluß der Konsolidierungsphase nicht vor Mitte 1991. Da bis dahin auch die Ungewißheit um Mannesmann Kienzle oder die Philips Informationssysteme beendet sein dürfte, werde der Markt in Deutschland im zweiten Quartal 1991 wieder anziehen.