Telekom zockt ADSL-Kunden ab

Schneller Internet-Zugang bleibt hierzulande ein teures Vergnügen

30.07.1999
MÜNCHEN (hi) - Ein schneller Internet-Zugang ist kein Traum mehr. Die Telekom hat jetzt aktiv mit der Vermarktung der ADSL-Technologie begonnen. Die Geschwindigkeit ist aber nicht billig: Ähnlich der Überschallreise in einer Concorde zahlen die ADSL-Surfer First-class-Preise.

Endlich. Waren bislang, von einigen Kabel- und Satellitenangeboten abgesehen, die 64 Kbit/s von ISDN für Consumer beim Internet-Zugang das Maß aller Dinge, so schaltet die Telekom nun den Turbo ein. In den Großstädten Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Köln, Bonn, Frankfurt/M., Stuttgart und München können Privatkunden mit "T-ISDN dsl" einen Internet-Zugang ordern, bei dem die Daten mit 768 Kbit/s, also rund zwölffacher ISDN-Geschwindigkeit, zum Anwender rauschen. In umgekehrter Richtung sind immer noch 128 Kbit/s realisierbar, was der zweifachen ISDN-Geschwindigkeit entspricht. Damit offeriert die Telekom Transferraten, bei denen selbst der Empfang komplexer Multimedia-Präsentationen Spaß macht.

Die schnelle Fahrt ins Internet, T-Online-Chef Eric Danke vergleicht das DSL-Erlebnis gern mit der Fahrt in einem Porsche Turbo, hat jedoch ihren Preis. Für T-ISDN dsl, hinter dem unaussprechlichen Namen verbirgt sich ein normaler ISDN-Anschluß plus ADSL-Verbindung, müssen die Kunden pro Monat 98 Mark berappen. Zusätzlich hat der Anwender bei T-Online 50 Online-Stunden für 99 Mark beziehungsweise 100 Stunden für 149 Mark zu ordern. Das schnelle Vergnügen kostet also mindestens 197 Mark pro Monat. Vor der schnellen Hatz im Internet muß der Speed-Junkie zudem 299 Mark (229 Mark, falls er bereits ISDN besitzt) für die Installation bezahlen. Dieser Betrag beinhaltet die Installation eines NTBA (ISDN-Netzabschluß), einen Splitter, der das ADSL-Signal vom ISDN-Signal trennt, sowie das eigentliche ADSL-Modem.

Besitzer analoger Telefonanschlüsse, für die ADSL ursprünglich konzipiert wurde, schauen in die Röhre. Sie sind gezwungen, auf ISDN umzustellen, denn die Telekom vermarktet den Dienst nur in Verbindung mit ihrem digitalen Telefonservice.

Eine Politik die unverständlich ist, zumal die Vermutung naheliegt, daß ADSL auch hierzulande über den analogen Telefonanschluß funktioniert. Wozu sonst sollte der kleine Umschalter im inneren der Splitter dienen, wenn nicht zur Anpassung an analoges oder digitales Telefonnetz.

Das Aufrüsten auf ISDN ist nicht die einzige Kröte, die potentielle TDSL-Kunden zu schlukken haben. So pervertiert die Telekom mit einem Zeittaktmodell (sechs Pfennig pro Minute) und einer Gebühr (ebenfalls sechs Pfennig) für jeden Verbindungsaufbau den Grundgedanken von ADSL. Dieser war nämlich als verbindungslose, dauerhafte Internet-Verbindung gedacht und sollte die durch Surfer stark beanspruchten Ortsvermittlungen entlasten. Offen ist zudem, zu welchen Konditionen andere Service-Provider ihren Kunden ADSL offerieren können.

Ebenso bleibt es ein Rätsel, wie T-Online-Chef Danke angesichts dieser Preispolitik (mindestens 197 Mark im Monat plus sechs Pfennig pro Verbindung) davon sprechen kann, daß "die Telekom ganz vorne an der Preisfront stehe". In den USA surfen nämlich etwa die Kunden von Bell South mit doppelter T-ISDN-dsl-Geschwindigkeit (1,5 Mbit/s und 256 Kbit/s Downstream) für knapp 60 Dollar (rund 111 Mark) im Internet. Und dies ohne Zeitbegrenzung oder zusätzliche Verbindungsgebühren.