"Scheitern" der Telekom-Kooperation zwischen IBM und Siemens "maßlos übertrieben":\ Rolm-Verhandlungen sind ins Stocken geraten

05.05.1989

MÜNCHEN/PARIS (bi) - Langwieriger als erwartet gestalten sich die Verhandlungen zwischen den Marktgiganten Siemens und IBM in Sachen PBX-Markt. Bei dem "Rolm-Deal" tut sich die IBM Corp. schwer, den Siemens-Leuten einen attraktiven Businessplan für die mit roten Zahlen rechnende Sorgen-Tochter zu präsentieren. Für die Siemens-PBX Hicom stehen noch Postzulassungen aus, so für Frankreich, das United Kingdom und Italien.

Was Mitte Dezember vergangenen Jahres mit einem "Memory of Understanding" begann (vergleiche CW Nr .51 / 1988) und in der Branche schon als Elefantenhochzeit gewertet wurde, erweist sich vorerst als Auftakt einer Verlobungszeit mit ungewöhnlich komplexen Problemen. So ist der US-Telefonbauer Rolm, der erst vor vier Jahren in die IBM-Welt eingegliedert wurde, dort aber nicht reüssierte, seit Dezember vorigen Jahres, dem Zeitpunkt des Memory of Understanding, immer tiefer in die roten Zahlen gerutscht. Wenn auch die generellen Ziele, die Siemens und IBM bei ihren gemeinsamen Absichten im europäischen und US-PBX- Markt im Auge haben, keine anderen geworden sind, wie die Unternehmenssprecher versichern, so stehen dem Kauf des US- Unternehmens durch Siemens offenbar immer noch unbefriedigende Zahlen entgegen. Ein erfolgversprechender Businessplan, der unter der Verantwortung der IBM/Rolm-Leute zu erstellen ist, wie Peter Pribilla, Verhandlungsführer auf der Siemens-Seite, erklärt, liegt noch nicht vor.

Über Verhandlungsdetails, so haben sich die Partner geeinigt, wolle man zum jetzigen Zeitpunkt nicht sprechen. Auch habe es in der Zwischenzeit keine Überraschungen oder Ereignisse gegeben, die "die Welt total verändert" hätten.

Gleichwohl ist im US-Markt in der Zwischenzeit AT&T beispielsweise mit interessanten ISDN-Anwendungen auf der Basis seiner PBX-Maschinen und von Computeranwendungen (Tandem, DEC, Wang, IBM etc.) hervorgetreten, also in einem Marktsegment, das auch die Siemens AG, sowohl in Europa als auch in den USA anvisiert. Wie ferner aus den USA verlautet, üben potentielle Rolm-PBX-Käufer Zurückhaltung, solange Siemens die Rolm-Produckt-strategie für die nächsten Jahre nicht veröffentlichte. Auch ein attraktives Service-Abkommen für gebrauchte Rolm-PBXen, das IBM neuerdings Second-hand-Kunden anbietet, dürfte im Markt der reinen Sprachvermittlung Punkte kosten.

Lachende Dritte sind, wenn es um installationen geht, die eine langfristige Produktstrategie voraussetzten, derzeit AT&T und häufig auch Northern Telecom.

Neben den ausstehenden Postzulassungen in einigen europäischen Ländern - die Verhandlungen in den einzelnen Staaten verlaufen wie von IBM Europe in Paris erklärt wurde "total unterschiedlich " - sind es Schnittstellenprobleme, die einem europäischen Marketing-Agreement noch entgegenstehen. Dennoch sei es "maßlos übertrieben" von einem Scheitern der Verhandlungen zu sprechen. Allerdings gestalte sich die Regelung komplizierter als man vielleicht ursprünglich gedacht habe.

Auch Pribilla bestätigt, daß die Verhandlungen zwar ein geplanter Prozeß seien, aber dennoch umfangreich und schwierig: "Durch den müssen wir durch, aber- wie auch immer- unterschrieben wird erst, wenn alle Punkte klar sind; zwei Großunternehmen, durchleuchten diese Dinge in gewohnter Gründlichkeit. Keinem von uns ist gedient, wenn wir einen Plan auf den Tisch legen, der sich nachher nicht einhalten läßt.