Ergebnisziele in Gefahr

SAP: Der Kurs sinkt - die Spannung steigt

04.10.2002
MÜNCHEN (CW) - SAP rechnet für das laufende Geschäftsjahr nur noch mit einem Umsatzanstieg von fünf Prozent. An dem Renditeziel von 21 Prozent kann und mag der Konzern jedoch nicht rütteln. Die Belegschaft wurde zu mehr Sparsamkeit aufgerufen.

"Die SAP ist nicht in der Krise, sondern der Markt ist noch nicht da, wo wir ihn gerne hätten." Herbert Heitmann, Sprecher des Walldorfer Konzerns, bleibt demonstrativ gelassen angesichts der Aufregung, die der interne Aufruf in den Medien ausgelöst hat. Von den 600 Millionen Euro, die der Konzern im laufenden Geschäftsjahr einsparen muss, um eine operative Marge von 21 Prozent zu erzielen, sei bereits ein Großteil geschafft. Genaue Zahlen werden jedoch erst bei Veröffentlichung der Quartalszahlen am 17. Oktober bekannt gegeben.

Anleger bleiben misstrauisch

Bis weit in das laufende Geschäftsjahr hatte der Walldorfer Konzern noch an einem Umsatzwachstum im zweistelligen Bereich festgehalten. Erst als am Markt sowieso schon niemand mehr daran glaubte, konnte sich das Management dazu durchringen, diese Prognose auf fünf Prozent herunterzuschrauben. Dabei hatte das Unternehmen selbst bereits im Juli eingeräumt, dass - abgesehen von der allgemeinen Investitionszurückhaltung der Kunden - mit dem Trend von Riesengeschäften zu kleineren Deals in den nächsten Quartalen der Umsatz bescheidener ausfallen dürfte.

Dass SAP dennoch eine operative Marge von 21 Prozent schaffen muss, begründet man mit Blick auf den Aktienkurs. Verglichen mit Wettbewerbern wie Microsoft oder Oracle, die eine Rendite von 30 bis 40 Prozent vorweisen können, würde SAP mit einer Spanne von unter 20 Prozent bei Investoren in Ungnade fallen.

Doch anstatt die Sparbestrebungen zu honorieren, strafen die Anleger den Konzern nach wie vor ab. Allein im September sank der Aktienkurs des größten europäischen Softwareherstellers um 40 Prozent, mit derzeit unter 48 Euro ist das Papier noch knapp ein Viertel seines Jahreshöchststands von 176 Euro wert. Dass dies nur an dem insgesamt schlechten Umfeld liegt, wie SAP glauben machen will, hält Finanzanalyst Mirko Maier von der Landesbank Baden-Württemberg bloß für die halbe Wahrheit. Davon abgesehen, dass er weder das Umsatz- noch das Renditeziel als realistisch ansieht, machen seiner Meinung nach auch hausgemachte Faktoren den Kapitalmarkt misstrauisch.

Ganz oben steht die Erfahrung der Anleger aus dem vergangenen Quartal, als SAP in allerletzter Minute mit einer Umsatz- und Gewinnwarnung aufwartete. Zweitens befinde sich der Konzern inmitten einer Umwälzung. Der Hersteller von Standardsoftware bekennt sich mittlerweile auch offiziell zu mehr Service und mehr Individuallösungen: "Das ist ein anderes Geschäft als das, mit dem SAP groß geworden ist", erklärt Maier. Und Veränderungen, deren Folgen nicht abgeschätzt werden können, nimmt der Markt derzeit negativ auf.

Ebenfalls ungeklärt ist, wie SAP seine Kosten in den Griff bekommen will. Bislang sind nur wenige Schritte bekannt geworden: So wurde der Block der nach außen vergebenen Dienstleistungen inzwischen auf rund die Hälfte zusammengestrichen. Auch bei den Investitionen wird zweimal hingeschaut. Notebooks oder Handys müssen nicht auf dem neuesten Stand sein. Zudem wird kräftig an den Reisekosten gespart. Für ein Unternehmen von der Größenordnung einer SAP sind dies durchaus keine Kleinigkeiten. Laut Heitmann bewegen sich allein die Aufwendungen für Fahrten und Übernachtungen "im dreistelligen Millionenbereich". Stellenstreichungen im großen Stil kommen allerdings nicht in Frage. Im Falle einer Erholung des Geschäfts will man nicht wegen einer zu dünnen Personaldecke ins Hintertreffen geraten. (rs)