Finsiel soll unter Olivetti-Kontrolle bleiben

Sanierung von Telecom Italia macht Olivetti viel Arbeit

17.09.1999
ROM (CW) - Das Scheitern der Deutschen Telekom beim Versuch, den italienischen Carrier Telecom Italia zu übernehmen, könnte sich im nachhinein als Segen erweisen. Zum Zuge kam die deutlich kleinere Olivetti SpA, die 52 Prozent der Anteile erwarb und nun vor der Aufgabe steht, den ehemaligen Staatsmonopolisten aufwendig zu sanieren.

Roberto Colaninno, Chief Executive Officer von Olivetti und nun auch Telecom Italia, gab vor der Presse nach einer ersten dreimonatigen Bestandsaufnahme bekannt, welche vorläufigen Maßnahmen anstehen. Unter anderem wird Olivetti 13 000 Stellen beim übernommenen Carrier streichen, leistungsabhängige Vergütungsstrukturen aufbauen und die verschachtelte Organisation neu aufstellen.

Ähnlich wie früher die Deutsche Telekom weist der italienische Carrier Merkmale eines staatlich geführten Monopolkonzerns auf, die sich laut Colaninno am deutlichsten in der Trägheit und der schlechten Fokussierung auf bestimmte Märkte niederschlagen. Telecom Italia habe beispielsweise vor sich hingedämmert, als konkurrierende Internet-Service-Provider (ISPs) begannen, das Land zu bevölkern.

Inhaltlich will Colaninno vor allem das Internet-Geschäft vorantreiben - sowohl auf Festnetz- als auch auf Mobilfunkbasis. Vor allem soll Europas größtes Handy-Netz, das Telecom Italia Mobile Spa. derzeit zu 60 Prozent kontrolliert, auf dem gesamten Kontinent kontinuierlich ausgebaut werden. Der Olivetti-Chef plant dabei unter anderem neue Internet-Services auf Basis des Mobilfunknetzes, kostenlose Angebote für Surfer und ein eigenes Portal für den Consumer-Markt.Wo sich das Unternehmen zu weit von seinem Kerngeschäft entfernt hat, erwägt Colaninno den Verkauf von Unternehmensteilen. Das gilt beispielsweise für die Produktionstochter Sirti Spa. und den Unternehmensbereich Meie, der sich im Versicherungsgeschäft tummelt.Wie bereits angekündigt, wird auch die Zusammenarbeit mit der Siemens AG in der Italtel Spa. abgebrochen. Die Vermögenswerte sollen zwischen den Ex-Partnern aufgeteilt werden.

An internationalen Märkten konzentriert sich die Unternehmensgruppe künftig neben Europa verstärkt auf Lateinamerika und den Mittelmeer-Raum. Den IT-Dienstleister Finsiel, der zur Telecom-Italia-Gruppe gehört, will der Olivetti-Chef entgegen anderslautenden Gerüchten weiter kontrollieren. Wie das "Wall Street Journal" berichtet, sucht Colaninno aber einen Partner, der einen Minderheitsanteil erwerben und die Marktposition des Servicekonzerns stärken soll.

Olivetti hatte den italienischen Carrier im Juni dieses Jahres im Rahmen einer feindlichen Übernahme mehrheitlich aufgekauft und damit die Deutsche Telekom ausgetrickst.

Der damalige Chef des italienischen TK-Konzerns, Franco Bernabe, hatte Telekom-Boß Ron Sommer eine Mehrheitsbeteiligung angeboten, um die Attacken des viel kleineren Olivetti-Konzerns abzuwehren. Die Übernahme durch die Deutschen scheiterte jedoch, weil sich in der italienischen Politik und Wirtschaft, aber auch in der Bevölkerung niemand so recht für die Idee erwärmen konnte, den größten Carrier in deutsche Hände zu geben. Die Aktionäre stimmten Olivettis Angebot zu, Bernabe trat zurück.

Sommer geriet daraufhin seitens der Telekom-Aktionäre und der deutschen Öffentlichkeit mächtig unter Druck. Von den Fusionsgesprächen mit den Italienern war der bis dato wichtigste Auslandspartner France Télécom nicht unterrichtet worden. Dessen Chef Michel Bon zeigte sich brüskiert und kündigte den Deutschen die Partnerschaft. Gleichzeitig geriet das internationale Joint-venture Global One, das die Telekom gemeinsam mit France Télécom und dem US-Carrier Sprint betreibt, aufgrund der deutsch-französischen Zwistigkeiten in seine bisher schwerste Krise. Die Telekom erwägt neuesten Meldungen zufolge sogar einen Ausstieg aus dem Gemeinschaftsunternehmen.

Und schließlich mußte Sommer mit ansehen, wie der deutsche Erzrivale Mannesmann vom Scheitern der Fusionspläne profitierte. Die Düsseldorfer kauften von Olivetti nach der Telecom-Italia-Übernahme für rund 16 Milliarden Mark die Festnetzgesellschaft Infostrada und die Mehrheit der Mobilfunktochter Omnitel. Mit diesen Mitteln konnte Colaninno einen Teil der rund 60 Milliarden Mark teuren Akquisition von Telecom Italia finanzieren. "