Staatsunternehmen noch nicht konkurrenzfähig, aber mehr Joint-ventures

Robotrons Wokurka will "weiße Weste" für Betriebe der DDR

30.03.1990

MÜNCHEN (CW) - Der Geschäftsführer des VEB Robotron, Friedrich Wokurka, hat vorgeschlagen, die Schulden der DDR-Staatsbetriebe im Rahmen einer Wirtschaftsreform zu streichen. Mit einer "weißen Weste" könne man dann von vorn anfangen, sagte Wokurka auf der Leipziger Messe.

Nach einem Bericht des Wall Street Journal versteht der Robotron-Chef eine Generalent- schuldung als Alternative zum Eins-zu-eins-Umtausch zwischen Ostmark und Deutscher Mark, den er für die privaten Sparguthaben jedoch nach wie vor favorisiert. Betriebsguthaben sollten nach seiner Ansicht zu einem niedrigeren Kurs konvertiert werden, die Verschuldungsszenerie jedoch sei so verworren, daß eine realistische Umrechnungsrate nicht gefunden werden könne.

Die DDR-Wirtschaft dürfe keinesfalls umgehend vollständig der Konkurrenz westlicher Betriebe ausgesetzt werden; vielmehr seien für zwei oder drei Jahre protektionistische Eingriffe unverzichtbar, wenn man Bankrotte auf breiter Front und Massenarbeitslosigkeit in der DDR verhindern wolle.

Die Zukunftschancen seines Betriebs schätzt Wokurka gleichwohl optimistisch ein: Die Pläne, unprofitable Bereiche abzustoßen und das Unternehmen insgesamt zu restrukturieren, würden wirken.

Die Liste gemeinsamer Unternehmungen von Firmen aus westlichen Ländern mit DDR-Betrieben wird unterdessen immer länger. So hat die Siemens AG einige weitere Joint-ventures angekündigt: Der Bereich Private Kommunikationssysteme der Münchner und der VEB

Nachrichtenelektronik wollen einer Absichtserklärung zufolge bei der Entwicklung und Fertigung sowie in Vertrieb und Service von Produkten der privaten Kommunikationstechnik zusammenarbeiten. Technische Grundlage soll das Siemens-Hicom-System sein, Produktionsstandort Leipzig.

Ein weiteres Gemeinschaftsunternehmen strebt der Siemens-Bereich Automatisierungstechnik mit drei Werkzeugmaschinen-Ausrüstern aus der DDR an: mit den Volkseigenen Betrieben Numerik aus Karl-Marx-Stadt und Niles aus Dresden sowie mit der WMW Internationale Handelsgesellschaft, Ost-Berlin. Ziel ist es laut Siemens, RGW-Staaten mit Ausrüstungen für Werkzeugmaschinen und Roboter zu beliefern.

Bei der Arrondierung des DDR-Marktes beschränkt sich Siemens nicht auf die DV: So vereinbarte der Bereich Energieübertragung und -verteilung mit den Kabelwerken Schwerin und Meißen, bereits bestehende Kooperationen bei Starkstromkabeln in den Rang von Gemeinschaftsunternehmen zu heben.