Sun Microsystems mit neuem Flaggschiff:

RISC-Workstation protzt mit Durchsatz

31.07.1987

MÜNCHEN (CW) - Auf den RISC-Zug ist nunmehr auch Sun Microsystems aufgesprungen. Das neue Spitzenmodell 4-200 des US-Herstellers kommt mit einer Prozessor-Eigenentwicklung auf einen Durchsatz von 10 Mips. Sun geniert sich denn auch nicht, die Maschine mit einer VAX 8800 zu vergleichen. Ungewöhnlich ist auch der Weg, über den der Hersteller eine möglichst große Verbreitung seiner neuen Architektur bewirken will: Über Lizenzvergabe sollen weitere Hersteller angelockt werden; Ziel ist das Setzen eines Workstation-Industriestandards.

Die Architektur trägt die Bezeichnung SPARC, Scalable Processor Architecture. Kern der Neuentwicklung ist eine 32-Bit-Integer-Unit, die 120 Register enthält und 89 Instruktionen versteht. Fast alle Befehle können in einem Zyklus erledigt werden. Der Chip wird derzeit in CMOS-Gate-Array-Technologie gefertigt. Sun hofft, die mit nur 50000 Transistoren relativ einfache Architektur auf andere Technologien (ECL, später einmal Galliumarsenid) übertragen zu können und damit in einem überschaubaren Zeitraum Leistungssteigerungen um den Faktor 10 und mehr zu erreichen. Derzeit sind Lizenzen für solche Übertragungen an drei Firmen vergeben, darunter Fujitsu.

Im Instruktionssatz enthalten sind auch Befehlstypen, die der KI-Programmierung entgegenkommen. Damit wird eine der wichtigsten Aufgaben deutlich, die Sun der neuen Maschine zugedacht hat. Daneben ist der Einsatz in der Softwareentwicklung allgemein vorgesehen, im CAD/CAE-Bereich, der Molekularforschung, der Exploration, Animation und Dokumentenverarbeitung. Mit einem weiteren Zielmarkt betritt das Unternehmen Neuland: Für KI-Entscheidungshilfen im Rahmen von Finanzdiensten sei die neue Workstation ebenfalls prädestiniert, verlautet vom Hersteller.

Neben RISC-üblichen Ein-Zyklus-Befehlen sorgt ein hoher Grad an Parallelität innerhalb der Zentraleinheit für hohen Durchsatz. Erreicht wird dieses durch Pipelining (vier Stufen) und gleichzeitige Verarbeitung von Integer- und Fließkommazahlen. Für letztere steht ein Gleitkomma-Controller zur Verfügung, der die eigentlichen Fließkomma-Prozessoren (von Weitek) unterstützt. Ein Cache für Instruktionen und Daten faßt 128 Kilobyte. Bis zu 16 Register-residente Prozesse laufen gleichzeitig auf der Maschine. Je Prozeß steht ein virtueller Adreßraum von 1 Gigabyte zur Verfügung. Der Arbeitsspeicher weist in der Grundausstattung eine Kapazität von 8 MB auf; maximal läßt er sich auf 128 MB aufrüsten.

Für die Kommunikation mit Peripherieeinheiten verfügt die Maschine über SCSI- und ESMD-Interfaces. Damit lassen sich Massenspeicher mit Kapazitäten von bis zu 2300 Megabyte anschließen. Außerdem ist das Gerät mit Ethernet-Anschluß und RS422-Schnittstellen bestückt. Kommunikationsprodukte zur IBM-Welt befinden sich in Vorbereitung. Die Bildausgabe erfolgt über eine Auswahl hochauflösender Monochrom- und Colorbildschirme mit bis zu 256 Farben.

Das System läuft unter der herstellereigenen Unix-Version Sunos. Software, die für die Prozessorfamilie 680XX erstellt wurde, läßt sich mittels eines Cross-Compilers portieren. Damit sichert Sun die Software-Investitionen der Anwender der existierenden Rechner des Hauses. Außerdem bietet das Unternehmen zum Preis von etwa 33000 Mark ein Upgrade-Kit für Sun-3-Workstations an.

Die ersten Exemplare der Sun-4-Familie sollen im November ausgeliefert werden. Für die billigste Ausführung mit Monochrom-Monitor und 8 MB Hauptspeicher sind 110000 Mark zu veranschlagen; eine Konfiguration mit Farbschirm, 32 MB Arbeitsspeicher, 560 MB Festplattenkapazität und 1/4-Zoll-Magnetbandlaufwerk mit 60 MB beläuft sich auf 230000 Mark.