Wegen Intel muss HP weiter die eigenen Prozessoren entwickeln

Risc-Chips von HP und IBM laufen jetzt auch im Gigahertz-Rennen

09.03.2001
MÜNCHEN (CW) - Hewlett-Packard sorgte vor ein paar Jahren für Furore, als die Kooperation mit Intel zum Bau zukünftiger Prozessoren vereinbart wurde. Kostensenkung hieß damals die Devise. Nun wird die eigene PA-Risc-Familie zwangsläufig weitergepflegt.

Eigentlich wollte HP die teure Chipentwicklung auslaufen lassen und zukünftig zusammen mit Intel 64-Bit-Prozessoren entwickeln. Doch der Prozessorkrösus verzögert die Vorstellung der ersten Generation ("Itanium") immer wieder, und bis heute gibt es keine verbindliche Aussage über deren Verfügbarkeit. Dabei hatte HP erst die zweite Generation von Intels 64-Bit-Chips, die unter dem Namen "McKinley" entwickelt wird, für den Einbau in die hauseigenen Rechner vorgesehen.

Auf der "International Solid-State Circuits Conference" (ISSCC) in San Franzisko, die vom IEEE abgehalten wird, stellten die HP-Ingenieure den "PA-Risc 8700" vor. Er wurde zum Star der Show, da ironischerweise Intel die Präsentation des McKinley in letzter Minute absagte, bemerkte der englische Branchendienst "Computergram".

HP sicherte sich für die Produktion des neuesten Sprosses der PA-Risc-Familie die Dienste von Mitbewerber IBM. Dessen Kupfer- und Silicon-on-Insulator-Techniken ermöglichen Taktraten nahe an der Ein-Gigahertz-Marke. HPs derzeit schnellster Chip "PA-8600" ist mit mageren 552 Megahertz getaktet. Der Nachfolger PA-8700 wird, so die Entwickler aus Fort Collins, Colorado, einen Cache-Speicher mit 1,5 MB für Daten und 0,75 MB für Befehle enthalten und soll 3,2 Milliarden Operationen in der Sekunde ausführen können.

Mit welcher Taktrate der Prozessor letztendlich ausgeliefert wird, war nicht genau zu erfahren - "800 Megahertz oder mehr", so die offizielle Roadmap des Unternehmens. Erreicht er die Ein-Gigahertz-Grenze, dann erfüllt er die Vorgaben, die eigentlich für den übernächsten Chip "PA-8800" vorgesehen waren. Auch Intels zweiter 64-Bit-Prozessor McKinley ist mit einer Taktrate in dieser Größenordnung geplant.

Derzeit laufen die Spekulationen darüber, welche Rechner HP mit dem PA-8700 zuerst ausstatten wird: die kleinen HP-9000-Server und Workstations oder gleich das Highend-Gerät "Superdome"- falls der Prozessor überhaupt dort benutzt werden kann. Die Entscheidung darüber dürfte auch davon abhängen, wie hoch die Ausbeute bei der Chip-Produktion ist. Falls IBM anfangs nur wenige brauchbare Bausteine liefern kann, dann wird HP geschickterweise zunächst die Superdome-Bestellungen mit relativ kleinen Chip-Stückzahlen erfüllen, statt gleich die vielen Workstations und flachen Server damit auszustatten.

HPs verstärktes Engagement im Prozessorbereich lässt sich auch damit erklären, dass die Konkurrenz, allen voran IBM, die Messlatte immer höher hängt. Compaq plant, die neue Alpha-CPU "21364" im zweiten Quartal zu präsentieren. Ihre Taktrate dürfte sich ebenfalls im Ein-Gigahertz-Bereich bewegen. Wichtigste Funktion soll ein extrem weiter Memory-Bus sein, der Durchsatzraten von über 44 GB/s schaffen soll. Sun bastelt an der "Majc"-Architektur, und IBM zeigte auf der ISSCC den "Power-4", der mit 1,1 Gigahertz getaktet war. Insider errechneten die damit mögliche Leistung des 16-Wege-Systems (Codename "Regatta") aus der p-Serie, das im voll ausgebauten Zustand auf rund 600000 TPM im TPC-C-Benchmark veranschlagt wird. Ein 64-Wege-Superdome, bestückt mit Ein-Gigahertz-PA-Chips käme nur auf etwa 400000 TPM.