Gerüchte um eine Gegenofferte verdichten sich

Rettet ein weißer Ritter die Telecom Italia vor Olivetti?

16.04.1999
MAILAND (CW) - Olivetti-Chef Roberto Colaninno setzt seinen Kreuzzug gegen die Telecom Italia (TI) erfolgreich fort. Das Unternehmen ist seinem Ziel der feindlichen Übernahme ein Stück nähergekommen, nachdem TI-Chef Franco Bernabe nicht genügend Aktionäre für einen Gegenschlag hinter sich vereinigen konnte. Doch die Schlacht ist noch nicht endgültig geschlagen: Jetzt wird heftig über einen "weißen Ritter" spekuliert, der dem ehemaligen Staatskonzern zu Hilfe eilen soll.

Ob es sich um ein Phantasiegespinst der italienischen Medien handelt oder der Wunsch von Bernabe Vater des Gedankens ist, die Gerüchte um eine Rettung von Telecom Italia in letzter Minute halten sich hartnäckig. Zunehmend wird darüber spekuliert, daß ein großer TK-Konzern - besagter weißer Ritter - mit einem Gegenangebot Olivetti doch noch in die Knie zwingt.

Denkbar wären in diesem Fall zwei Strategien: Zum einen könnte der noch unbekannte Dritte als Strohmann auftreten, das heißt eine in Absprache mit TI getroffene Kaufofferte vorlegen, die in Wirklichkeit von den Hausbanken der TI finanziert wird. Nach dieser Übernahme würde der italienische Konzern dann durch einen Rückkauf eine Rekapitalisierung vornehmen.

Als zweites Modell gilt das eines strategischen Investors. In diesem Fall würde ein TK-Riese mit dem Segen von TI ein höheres Kaufangebot vorlegen als das von Olivetti (118 Milliarden Mark). Für den italienischen Ex-Monopolisten besteht die Chance bei einem solchen Merger darin, daß sich der Partner mit einer Minderheitsbeteiligung zufriedengibt und Bernabe seine Sanierungspläne doch noch auf den Weg bringen kann.

Vorerst sind die geplanten Abwehrmaßnahmen jedoch Makulatur. Dem TI-Chef war es nicht gelungen, auf einer Hauptversammlung das nach italienischem Börsenrecht erforderliche Quorum von 30 Prozent der Aktionäre für sein Zukunftsprogramm zu versammeln. Erschienen waren in Turin nur 22 Prozent der Shareholder.

Ziel von Bernabe war, das Plenum durch vier wesentliche Reformvorschläge hinter sich zu scharen. Ins Auge gefaßt war ein Rückkauf der Aktien in Höhe von zehn Prozent des Kapitals, die Umwandlung der Spar- in Stammaktien sowie eine Konzentration auf Kerngeschäfte. Darüber hinaus wollte sich Bernabe die Zustimmung für eine 100prozentige Beteiligung an der hochprofitablen Mobilfunktochter Telecom Italia Mobile holen.

Doch mit diesen Plänen ist es jetzt vorbei. Einzige Chance, sie in Teilen doch noch umzusetzen und dem Erzfeind Olivetti zu entgehen, bleibt die Hilfe eines externen Partners. Als möglicher Retter in der Not werden mehrere Namen gehandelt. Heißester Kandidat ist British Telecom (BT), aber auch die Deutsche Telekom, die spanische Telefonica sowie der US-Carrier SBC Communications werden genannt.

Ob aus den Gerüchten Realität wird, bleibt fraglich. BT und Telefonica haben in ersten Stellungnahmen bereits abgewunken, die Deutsche Telekom und SBC wollten die Spekulationen nicht kommentieren. Gegen ein Engagement der Briten, aber auch der Deutschen sprechen deren Beteiligungen an Konsortien auf dem italienischen Markt. Der Bonner Carrier ist gerade erst als einer der Partner des Konsortiums "Wind" im italienischen Telefonmarkt an den Start gegangen, BT mischt im Festnetzgeschäft durch die Albacom-Allianz mit. Telefonica ist stark im lateinamerikanischen Markt gebunden, und SBC wird der Kauf kaum zugetraut. Unbestritten ist auf der anderen Seite jedoch, daß der italienische Markt lukrativ und die Kriegskasse von BT bestens gefüllt ist. Gegen eine Beteiligung oder einen Kauf spricht dagegen die mangelhafte internationale Ausrichtung von TI.

Für den ehemaligen italienischen Staatskonzern wäre die Fusion mit einem Großen der Branche beziehungsweise eine Beteiligung jedenfalls das geringere Übel. Analysten teilen diese Überlegung. Sie sehen in einem finanzstarken und strategischen Investor die bessere Lösung, unter anderem auch deshalb, weil sich Olivetti für den Kauf von TI außerordentlich hoch verschulden müßte. Das Unternehmen, dessen Börsenwert um das Fünffache niedriger ist als der von TI, hat sich bei einem Bankenkonsortium mit 45 Milliarden Mark einen der höchsten jemals zugesicherten Kredite gesichert. Analysten fürchten, daß Olivetti an dieser Belastung zu schwer tragen würde und TI nach einer Übernahme durch Verkäufe zerschlagen müßte. Andererseits spricht für Olivetti-Chef Colaninno der Umstand, den maroden ehemaligen Computerhersteller saniert und erfolgreich in einen TK-Anbieter umgewandelt zu haben.