Bei Facebook, Twitter und Co. lesen nicht nur Freunde mit. Was passieren kann, wenn über das Internet falsche Behauptungen oder wüste Beschimpfungen verbreitet werden, erläutern die Arag-Experten.
- Tipps für Facebook, Twitter & Co.
Vielen fehlt noch das Gefühl dafür, was in sozialen Netzwerken angemessen ist und was nicht. Dabei gibt es ein paar einfache Regeln. - Du sollst nicht zu viel preisgeben
Auf Facebook und Co. erfährt man häufig mehr über das Privatleben von Freunden oder Bekannten, als man eigentlich wissen möchte. TMFI nennt Raphael das Phänomen "Too much Facebook Information". Das muss gar nicht unbedingt Peinliches aus dem Privatleben sein. Manche Nutzer überfrachten ihre Kontakte mit Posts, unter anderem Details über die tägliche Joggingrunde, Fotos vom Mittagessen oder zu viele Bilder vom Nachwuchs. - Du sollst soziale Netzwerke nicht für Predigten nutzen
Hin und wieder in sozialen Netzwerken seine Meinung zu sagen tut gut, das steht außer Frage. Doch wer ständig politische oder moralische Diskussionen anzetteln möchte, wird seinen Kontakten damit schnell auf die Nerven gehen. Deshalb sollte man eines beherzigen: Was Familie und Freunde von Angesicht zu Angesicht nicht besprechen möchten, wollen sie wahrscheinlich auch auf Facebook nicht ständig diskutieren - seien es Vorträge zu Obama, zu den Zuständen in Tierfabriken oder Religion. - Du sollst nicht ständig jammern
Noch schlimmer als die Prediger findet Raphael die Jammerlappen, die seiner Meinung nach Facebook und Twitter als Therapieersatz nutzen. Ab und zu mal über die Arbeit oder das Wetter zu klagen, ist ganz natürlich. Die Kontakte ständig mit Negativ-Posts zu befeuern, ist es nicht. - Du sollst nicht so tun, als wärst du Sport- oder Klatschreporter
Raphael ist reichlich genervt von Facebook-Kontakten, die der Meinung sind, sie müssten ihre Freunde mit den neusten Nachrichten versorgen. "1:0". "Elfmeterschießen" oder "Tom Cruise und Katie Holmes lassen sich scheiden" sind nur drei Beispiele für die Einträge von Möchtegern-Reportern, die ohne Meinung oder wenigstens einen persönlichen Kommentar gepostet werden. Denn, wie Raphael richtig sagt - wer das Spielergebnis wissen möchte, wird es sowieso verfolgen. - Du sollst dich nicht für einen Guru halten
Einige Facebook-Nutzer pflegen das Ritual, jeden Morgen ein Zitat zu veröffentlichen. Wenn Raphael jeden Morgen Einstein-Zitate lesen muss, inspiriert ihn das keineswegs. - Du sollst deine Follower-Obsessionen für dich behalten
Wer noch zehn, fünf oder drei Follower von einer bestimmten Marke entfernt ist, muss das nicht akribisch dokumentieren und das Erreichen der Zahl dann mit einem eigenen Beitrag à la "Hurra! Die 1000 sind geschafft!" kommentieren. Wer dann auch noch mit speziellen Tools bei der Zahl seiner Follower nachhilft, versucht nach Meinung von JR Raphael etwas zu kompensieren. - Du sollst dich nicht für einen Social Media-Experten halten
Die starke Verbreitung der sozialen Netzwerke bringt immer mehr Social Media-Experten zutage. Natürlich gibt es da auch einige, die wirklich gut Bescheid wissen. Viele tun dies aber nicht unbedingt. Der Möchtegern-Experte prahlt mit seinen überwältigenden Fähigkeiten im Social Media-Marketing, pflastert seine Einträge bei Twitter mit Hashtags, möchte dauernd den effektiven Einsatz von Social Media besprechen und will ständig Diskussionen anzetteln - denn auf das Engagement kommt es in den sozialen Netzwerken seiner Meinung nach an - Du sollst deine Accounts nicht auf Autopilot stellen
JR Raphael findet nur eine Sache noch anstrengender als nervige Kontakte in sozialen Netzwerken - wenn Nutzer ihre Statusmeldungen über automatisierte Systeme einfließen lassen. So kommt es zum Beispiel vor, dass Personen, die bei Twitter und Facebook aktiv sind, ihre Tweets automatisch auch bei Facebook veröffentlichen lassen. Ebenso unlieb sind Raphael automatische Updates darüber, welche Musik seine Kontakte gerade hören oder welche Spiele sie gespielt haben. - Du sollst nichts veröffentlichen, was nur du verstehst
Wow, ich kann nicht glauben, dass das gerade passiert ist!" Jeder hat wahrscheinlich schon einmal einen solchen Tweet in seiner Timeline gelesen. Solche Einträge kommen entweder von Personen, die soziale Netzwerke mit einem Tagebuch verwechseln oder von solchen, die um die Aufmerksamkeit anderer buhlen und auf möglichst viele Nachfragen hoffen. Statusupdates, die nur aus Andeutungen oder sinnfreien Sätzen bestehen, reihen sich für Raphael in die überflüssigen Facebook-Nachrichten ein. - Du sollst keine Fotos posten, die bei anderen Nutzern Fremdschämen verursachen
Wer vorhat ein Bild mit nacktem Oberkörper auf seiner Profilseite hochzuladen, sollte sich das ganz genau überlegen. Ebenso, wer ein Bild von sich besitzt, auf dem er dem Fotografen eine Kusshand zuwirft. Es gibt sicher auch andere Bilder. Da muss man nicht auf solche zurückgreifen die andere und später vielleicht auch einen selbst in Verlegenheit bringen.
Beleidigung
Wer etwa über einen anderen twittert, er sei ein "Idiot" oder ein "A...loch", macht sich juristisch wegen einer Beleidigung strafbar. § 185 Strafgesetzbuch (StGB) definiert die Beleidigung als vorsätzliche Verletzung der Ehre einer Person durch Kundgebung der Missachtung oder Nichtachtung. Einschlägig ist die Vorschrift, wenn es um die Äußerung einer Meinung geht. Meinungsäußerungen - auch Werturteile genannt - sind im Gegensatz zu Tatsachenbehauptungen Äußerungen, die nicht auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden können. Wer einen anderen beleidigt, muss nach dem Gesetz mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe rechnen.
Tatsachenbehauptung
Aber auch eine falsche Tatsachenbehauptung ("X ist ein Betrüger") kann ein Strafverfahren nach sich ziehen, und zwar wegen übler Nachrede (§ 186 StGB) bzw. Verleumdung (§ 187 StGB). Von übler Nachrede spricht man, wenn ehrverletzende Tatsachen über einen anderen behauptet oder verbreitet werden, sofern die Tatsache nicht erweislich wahr ist. Letzteres bedeutet im Klartext: Wer die Tatsachenbehauptung aufstellt, muss auch beweisen können, dass sie wahr ist. Kann er das nicht, ist die Strafbarkeit zu bejahen. Ist die Tatsachenbehauptung unwahr und weiß der Täter das, macht er sich stattdessen wegen Verleumdung strafbar. Wird die Tat öffentlich begangen - was bei Äußerungen im Netz regelmäßig der Fall ist - droht dem Täter bei § 186 StGB eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe und bei § 187 StGB sogar eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
Zivilrechtliche Folgen
Neben den strafrechtlichen Folgen kann die unbedachte Äußerung bei Twitter oder Facebook auch zivilrechtlichen Ärger nach sich ziehen. Denn demjenigen, gegen den sich die Äußerung richtet, kann ein Unterlassungsanspruch zustehen, der in §§ 823 ff. in Verbindung mit § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt ist. Dieser Anspruch besteht auf jeden Fall gegenüber unwahren Tatsachenbehauptungen. Meinungsäußerungen sind nach der Rechtsprechung dagegen nur dann zu unterlassen, wenn es sich um sog. Schmähkritik handelt. Andernfalls sind sie nämlich von der durch Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützten Meinungsfreiheit gedeckt. Daneben kann der Betroffene unter Umständen noch Schadensersatz (bei falschen Tatsachenbehauptungen) oder Schmerzensgeld (bei Schmähkritik) beanspruchen.
Meinungsäußerung vs. Interessen des Arbeitgebers
Und wer im sozialen Netzwerk seinen Arbeitgeber kritisiert, sollte sich im Klaren darüber sein, dass er damit womöglich seinen Job riskiert. Grund: Der Arbeitnehmer hat die arbeitsvertragliche Pflicht, auf den Ruf seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und nichts zu tun, was diesem Ruf schaden könnte. Bei der Frage, ob der Arbeitnehmer gegen diese Pflicht verstoßen hat, ist allerdings immer eine Interessenabwägung zwischen dessen Meinungsäußerungsfreiheit und den Interessen des Arbeitgebers an einem unbeschädigten Ruf vorzunehmen. Dementsprechend unterschiedlich fallen auch die Urteile der Arbeitsgerichte aus, wenn es um Äußerungen eines Arbeitnehmers über seine Firma geht:
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So hielt etwa das LAG Baden-Württemberg im Fall eines Arbeitnehmers, der seinem Unternehmen im Internet eine "verschärfte Ausbeutung" und eine "menschenverachtende Jagd auf Kranke" vorwarf, die ausgesprochene Kündigung für unwirksam. Der Internetbeitrag war nach Meinung der Richter vom Grundrecht der freien Meinungsäußerung gedeckt und stellte keine Verletzung der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht dar (10.2.2010, Az.: 2 Sa 59/09).
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Im Ergebnis genauso entschied der Bayerische VGH in einem aktuellen Beschluss vom 29.2.2012. Dort ging es um die außerordentliche Kündigung einer Schwangeren, die auf ihrem privaten Facebook-Account sehr negative Äußerungen über ihre Firma eingestellt hatte. Die zuständige Behörde hatte deshalb ausnahmsweise nach dem Mutterschutzgesetz ihre Kündigung zugelassen. Der VGH war dagegen der Ansicht, dass die Äußerungen der Klägerin unter Berücksichtigung des Kontextes (privater Facebook-Account) wahrscheinlich nicht als Schmähkritik einzustufen sind und deshalb der Meinungsfreiheit unterfallen (Az.: 12 C 12.264).
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Anders fiel dagegen ein Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt a. M. vom 29.11.2006 aus: Dort hatte eine Arbeitnehmerin in einem Forum anonym ihren Arbeitgeber als Sklavenbetrieb und Zuhälterfirma und ihre Mitarbeiter als Idioten bezeichnet. Durch einen Link auf ihre Homepage konnte der Arbeitnehmer sie als Urheberin identifizieren. Die ausgesprochene Kündigung hatte vor dem AG Bestand. Insbesondere den Zuhältervergleich bewertete das Gericht als Schmähkritik und damit auch als strafbare üble Nachrede (Az.: 22 Ca 2474/06). Quelle: www.arag.de
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation ChannelPartner. (mhr)