Rechner koennen ein halbes Jahr lang nicht eingesetzt werden Compaq beim Topkunden Bauer-Verlag ueberfordert

14.07.1995

MUENCHEN (jm) - Defekte Rechner, ineffiziente Hotline-Beratungen, ueberforderte Servicepartner und langwierige Entscheidungswege gestalteten den Einsatz von PCs beim Heinrich-Bauer-Verlag zum unzumutbaren Marsch durch Compaqs Service-Institutionen.

Als Compaq dem Hamburger Verlag Ende Dezember 1994 insgesamt 65 PCs vom Typ "Deskpro" lieferte, begannen fuer den Hardware- Verantwortlichen Guenter Frentz frustrierende Wochen und Monate. Innerhalb von Tagen fielen mehrere PCs wegen malader SIMM- Bausteine, defekter Monitore und fehlerhafter Boot-Vorgaenge aus.

Die Compaq-Hotline erwies sich bei der Problemloesung als wenig hilfreich: "Ich bin heute noch sauer auf die", sagt Frentz, der sich von der schnellen Eingreiftruppe technische Hinweise zur Fehlerbehebung erwartet hatte, vor allem aber auf Ratlosigkeit stiess.

So speisten Muenchner Hotline-Mitarbeiter den Hamburger mit Fragen zur Konfiguration seiner Rechner ab. Der Vorschlag, in den Rechnern verwendete "CNET"- durch Netware-Treiberspezifikationen entsprechende "NE2000"-Netzkarten auszutauschen, brachte zwar Zusatzkosten, aber 21 defekte Deskpro-Systeme trotzdem nicht zum Laufen. Christoph Krzikalla, Leiter des Kundenbetreuungszentrums Compaqcare Center, rechtfertigte sich in einem Brief vom Mai 1995 an die Multicom GmbH, die Bauer als Compaq-Systempartner betreut: "Die (...) Loesungsvorschlaege beruhten auf unserem damaligen Kenntnisstand. Loesungsvorschlaege des Compaqcare Centers erfolgen nach bestem Wissen."

Dies scheint offensichtlich nicht auszureichen. In enger Zusammenarbeit zwischen dem Heinrich-Bauer-Verlag und dem Systemhaus Multicom und durch aufwendige Testreihen stellte sich heraus, dass die Compaq-PCs mit fehlerhaften Systemplatinen bestueckt waren.

Der Versuch, den Arbeitsspeicher der Deskpro-Systeme auszubauen, gestaltete sich ebenfalls als Querfeldeinrennen: Multicom orderte SIMM-Bausteine direkt bei Compaqs Vertragshaendler Merisel. Dieser schickte jedoch wiederholt falsche Speichermodule - statt der gelieferten 8-MB- konnten naemlich in den Compaq-PCs nur 2-MB- Module benutzt werden. Ergebnis: Die Rechner erkannten den Systemausbau nicht. Multicom kritisiert, Compaq mache Anwender auf dieses Problem nicht aufmerksam.

DV-Mann Frentz vom Heinrich-Bauer-Verlag aergert besonders, dass er sich bei seiner langwierigen Ursachenforschung in Compaqs Hotline- Gestruepp auch noch Rueffel einfing: "Die haben mir sogar unterstellt, ich haette keine Speicherbausteine von Compaq eingesetzt."

Entnervt von Compaqs Servicepolitik - Frentz: "Unser Schriftverkehr mit Compaq lief ueber England und die USA" - ueberliess der DV-Manager die Kommunikation mit Compaq der Multicom GmbH. Das Systemhaus ging den PC-Multi in drei Schreiben zwischen Ende Januar 1995 und Anfang April 1995 um Hilfestellung an.

Obwohl Compaqs Servicepartner, die Thomarinfor Thomson Computer Services GmbH mit Hauptsitz in Langen, aufgrund der Testergebnisse der Multicom mit dem Austausch erster defekter Systemplatinen bereits in der zweiten Januarwoche begonnen hatte, zog sich die Reparatur von 21 PCs noch ueber Monate hin. Zusaetzliches Aergernis laut Frentz: "20 Prozent der Austausch-Motherboards waren ebenfalls defekt."

Erst am 12. Mai 1995 reagierte Compaqs Servicemann Krzikalla auf die verschiedenen Schreiben und gab zu, dass die festgestellten Fehler "tatsaechlich auf einem Defekt des Systemboards" beruhen. Zwei Wochen spaeter erst wurden die restlichen 13 Systemplatinen ausgetauscht.

Am 9. Juni 1995 - fast ein halbes Jahr nach Lieferung von 65 Compaq-PCs - konnten schliesslich alle ehedem defekten 21 PCs in den Produktionsprozess der Heinrich-Bauer-Redaktionen eingebunden werden. Frentz enttaeuscht: "Jede Firma kann mal fehlerhafte Chargen bei ihren Produkten haben. Ich erwarte aber, dass sie dann wenigstens kooperativ bei der Fehlerbehebung ist. Das kann man von Compaq nicht sagen."

Obwohl der Bauer-Verlag nun wahrlich kein kleiner Kunde sei - mittlerweile haben die Hamburger zweimal weitere PCs von den Texanern bestellt, die einwandfrei laufen -, habe Compaq sich nie fuer den Produktionsprozess des Unternehmens interessiert.

Compaq gab bis zum Redaktionsschluss keine Stellungnahme ab.