Unternehmenskommunikation im Wandel

Real Networks und Microsoft konkurrieren bei Streaming-Technik

12.06.1998

CW: Herr Glaser, brauchen Unternehmen überhaupt Streaming-Technik für die interne Kommunikation?

Glaser: Es kommt eine neue Generation von "natürlichen" Kommunikations-Anwendungen mit Sprache und Video. Diese Applikationen laufen in Echtzeit, sind skalierbar und ermöglichen einen Return-of-investment. MCI beispielsweise wollte seine Webmaster für die Schulung nicht extra in die Firmenzentrale nach Virginia einfliegen. Nun läuft die Ausbildung über "Real Video" und hat dem Carrier über 500000 Dollar gespart.

CW: Führt die Übertragung von Audio und Video nicht zu einer zusätzlichen Belastung der Unternehmensnetze?

Glaser: Unsere Komprimierungstechniken nutzen die Bandbreiten besser aus. Boeing verteilt beispielsweise Live-Video-Daten mit 100 Kbit/s an 20000 Angestellte, die 10Mbit/s-Ethernet-Anschlüsse haben, und hat bisher keine Probleme.

CW: Haben Sie Kunden in Deutschland?

Glaser: Im letzten Jahr hatten wir ein Projekt mit der Deutschen Telekom. Weitere Intranet-Anwendungen sind geplant.

CW: Microsoft ist mit zehn Prozent an Real Networks beteiligt. Macht sich das bemerkbar?

Glaser: Wir kooperieren mit Microsoft und haben Kernfunktionen von "Real Audio" und "Real Player" lizenziert. Zugleich konkurrieren wir mit den Client-Server-Produkten "Real System" und Microsofts "Netshow", die teilweise Real-Techniken nutzen. Dessen Komponenten waren bisher wenig erfolgreich, und es scheint auch keine klare Positionierung zu geben.

CW: Dennoch drängt die Gates-Company in den Markt und hat zum Beispiel Vxtreme, einen Anbieter von Komprimierungsmethoden, gekauft.

Glaser: Mircosoft kauft alle möglichen Techniken, verwendet sie dann aber nicht auf dem Server. So liest die Version 3 von Netshow keine Vxtreme-Dateien, nutzt nicht die Real-Dateiformate und unterstützt nicht das "Real-Time-Streaming-Protokoll" (Vorschlag des Internet-Gremiums IETF für Echtzeit-Datenströme, der von über 40 Herstellern unterstützt wird).

CW: Und wie sieht es mit Microsofts "Active-Streaming-Format" aus?

Glaser: Wir unterstützen sowohl Standards wie MPEG als auch ASF. Aber wir sind ein bißchen enttäuscht von Mircosoft, denn die wollten das Protokoll zur Standardisierung freigeben, haben es aber bisher nicht getan.

CW: Sie waren zehn Jahre bei Microsoft. Warum sind Sie gegangen?

Glaser: Ich habe die Zeit dort genossen, aber mein Interesse lag immer schon bei den Medien und ihrer Übertragung. Bill ist aber kein Medien-Mensch.