Management-Berater korrigiert seinen Ansatz

Re-Engineering a la Hammer: Rechnung ohne Mitarbeiter gemacht

06.12.1996

Schon kurz nachdem Hammer gemeinsam mit dem damaligen CSC-Index-Chairman James Champy den Bestseller "Re-Engineering the Corporation" gelandet hatte, bekam er seitens der Leserschaft zu hören, er habe die Rechnung ohne die Beschäftigten gemacht. "Mehr und mehr Menschen riefen mich an und sagten: ,Der Ansatz ist großartig, aber wir stoßen auf Widerstand unter unseren Mitarbeitern'", zitiert das "Wall Street Journal" den Erfolgs-Consultant.

Im letzten Jahr hätten seine Mannschaft und er deshalb entschieden, das Basistraining für Kunden von drei auf fünf Tage auszudehnen und sich zudem intensiver mit Personalangelegenheiten zu beschäftigen. Außerdem gründete Hammer & Co. eine Gesellschaft, die Mitarbeiter darin schulen soll, Re-Engineering in die Praxis umzusetzen.

Zudem wird gelehrt, welche Maßnahmen nach dem Re-Engineering-Prozeß zu treffen sind, um dauerhafte Erfolge zu erzielen. Diesen Aspekt schreibt Hammer derzeit besonders groß, er wird auch in seinem neuen Buch "Beyond Re-Engineering" ausführlich diskutiert.

Hammers Anpassung des Beratungsansatzes hat nicht nur mit einer Verbesserung der reinen Lehre, sondern auch mit Geschäft zu tun. Unternehmen, die Konzentrationsmaßnahmen betreiben, Abteilungen zusammenlegen und Personal abbauen, sind auf hochbezahlte Consultants immer weniger angewiesen. Moderne Softwarepakete enthalten bereits Ablaufdiagramme, die die idealen Prozesse in einer re-engineerten Organisation zeigen und dazu beitragen, Aufgaben zu automatisieren, die früher von Re-Engineering-Consultants gelöst wurden. Den Management-Beratern bleibt schon deshalb nichts anderes übrig, als ihre Re-Engineering-Modelle zu überarbeiten.

Favorisiert werden voraussichtlich Ansätze, die eine optimale Zusammenarbeit von Beschäftigten im Unternehmen sicherstellen sollen. Neue Techniken rund um Internet und Intranet dürften dabei eine besondere Rolle spielen. "Die Veränderung der Arbeitsweise von Menschen geht über das Re-Engineering hinaus", erklärt Thomas Davenport, Universitätsprofessor und Kenner der gängigen Management-Konzepte. Wer darauf vertraue, Geschäftsprobleme allein mit einer Technologie, etwa Standardsoftware oder einem Intranet, lösen zu können, befinde sich auf dem Holzweg.

Andere Berater vertrauen darauf, ihren Re-Engineering-Ansatz mit der Implementierung komplexer Softwarepakete zu verbinden. Auch Hammer scheint in diese Richtung zu tendieren: Anfang nächsten Jahres will er ein gemeinsames Projekt mit der SAP AG, Walldorf, starten.