Gut gemeint, schlecht gemacht

Proteste gegen Softwarepolizei

22.08.1997

Wie der BBW mitteilt, hatte die BSA vor wenigen Monaten rund 30000 kleinere und mittlere Unternehmen in Deutschland angeschrieben und vor der Benutzung nicht rechtmäßig erworbener Software gewarnt. Als Interessenvertretung der Bürowirtschafts- und Softwarehändler sei auch der BBW an einer Aufklärung interessiert.

Kritik übt der Bundesverband an der Form des Schreibens. Mit einem Fragebogen und einer Erfassungssoftware sei der Eindruck erweckt worden, daß eine Melde- und Dokumentationspflicht der Adressaten gegenüber der BSA bestehe. 10000 der Firmen hätten zusätzlich ein Einschreiben erhalten, was eine Art Amtlichkeit der BSA suggeriert habe. Fragwürdig finde man auch die Androhung von nicht angekündigten Hausdurchsuchungen ohne den eindeutigen Hinweis auf einen dafür notwendigen gerichtlichen Beschluß.

Der Stil der Kampagne entspreche nicht dem Selbstverständnis deutscher Unternehmen, erklärt BBW-Geschäftsführer Thomas Grothkopp. So habe die BSA in ihrem Schreiben die namentli- che Veröffentlichung verurteilter Unternehmen angekündigt und dies gleich am Beispiel einer Nürnberger Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüferkanzlei praktiziert.

Mit solchen überzogenen Maßnahmen schade die BSA nicht nur den Anwendern, sondern auch der gesamten Händlerschaft.

Bestätigt werde dies auch dadurch, daß die Händler mit gehäuften Anfragen verunsicherter Kunden konfrontiert würden.

In einem ersten Statement zur BBW-Kritik verteidigte die BSA gegenüber der CW ihr Vorgehen. Grundsätzlich werde die Unterstützung des Kölner Bundesverbands begrüßt, zumal dieser dadurch faire Wettbewerbsbedingungen unter seinen Mitgliedern forcieren könne. Allerdings müßten aus Sicht der BSA einige der Vorwürfe ins rechte Licht gerückt werden. So sollte mit dem Postversand per Einschreiben lediglich sichergestellt werden, daß die Briefe auch wirklich den adressierten Geschäftsführer erreichen. Bezüglich der Firmendurchsuchung ohne Vorankündigung habe die BSA in beiden Schreiben auf eine richterliche Anordnung als Voraussetzung derartiger Aktionen hingewiesen.

In der namentlichen Veröffentlichung von Unternehmen, denen eine Urheberrechtsverletzung nachgewiesen wurde, sieht die BSA gleichermaßen Aufklärung und Abschreckung. Im Fall der Nürnberger Steuerberater habe sich die betroffene Kanzlei mit einer Veröffentlichung bereit erklärt - nähere Umstände zu diesem Verfahren wurden jedoch nicht publiziert.

Im Fazit legt die BSA Wert auf die Feststellung, daß man die Händler mit der Aktion in keiner Weise pauschal habe kriminalisieren wollen.

Fragwürdige Praktiken

Einen Fall übereifrigen Vorgehens gegen vermeintliche Raubkopierer hat der IDG-News-Service jetzt aus Singapur gemeldet. Dort verdächtigten die Business Software Alliance (BSA) und Microsoft den CD-Hersteller SM Summit Holdings (tägliche Produktion über 80000 CDs, davon 20 Prozent CD-ROMs) des illegalen Raubkopierens. Eine mit der Polizei vorgenommene Firmendurchsuchung brachte bislang keine Ergebnisse - der Börsenkurs des Herstellers brach jedoch nach Bekanntwerden der Aktion um 38 Prozent ein. Laut SM Summit habe die BSA-Aktion dem Unternehmen irreparable Schäden zugefügt, man wolle Schadensersatzansprüche geltend gemachen.