Problemware

23.01.1981

Das Verkaufen im Markt für Büro- oder Klein computer (Anlagen der Mittleren Datentechnik) ist härter geworden. Klein- und Mittelbetriebe, die Auftragsabwicklung, Fakturierung, Lagerwirtschaft, Fertigungssteuerung und Kostenrechnung noch konventionell erledigen, stürzen sich nicht mehr Hals über Kopf in das Abenteuer "Datenverarbeitung".

Man stellt Fragen, etwa: Kann das angebotene System auch Texte verarbeiten? Oder: Wie sollte die EDV im Klein- und Mittelbetrieb organisiert sein? Was kostet sie wirklich - und was leistet sie? Schließlich: Ist die Verarbeitung der Daten außer Haus nicht sinnvoller?

Kein Vertrag, ehe diese Checkpunkte nicht abgehakt sind. Das heißt: Ohne Beratung geht es nicht. Und das betrifft sowohl die MDT-Hersteller als auch die Service-Rechenzentren.

Beiden Gruppen stellt sich Computerleistung, die sie vermarkten, zunehmend als "Problemware" dar. Das Verkaufen im Erstanwendermarkt ist, wie gesagt, härter geworden. Soweit die Fakten. Und nun zu den Illusionen der Marktteilnehmer. Geht es nach den Herstellern von Kleincomputern, können Kleinst-, Klein- und Mittelbetriebe auf den "Rechner im Haus" nicht mehr länger verzichten. Glatter Firmen-Selbstmord wäre das - freiwilliger Unternehmens-Exidus durch Computer-Askese.

Denn wer die EDV nicht nutzt, vor Ort natürlich, der kommt in der derzeitigen Rezession in Bedrängnis - so der "sanfte" Verkaufsdruck der Computerbauer.

Als "Zaunpfahl" dient das Klischee vom "Knopfdruck-Management", das Nullwachstumskrisen meistert (rechtzeitig informiert sein ist alles). Der Kleinbetrieb müsse das Instrument "EDV" nur richtig - sprich "schärfer" - einsetzen, dann ginge alles wie geschmiert.

Billig genug sei die Hardware ja mittlerweile - Branchenjargon heißt das "besseres Preis-/ Leistungsverhältnis" -, und die verfügbare universelle Standard-Anwendersoftware löse nahezu jedes individuelle Problem.

Die Anbieter von Rechenzentrums-Dienstleistungen sehen das naturgemäß anders. Ihrer Meinung nach wird der Beitrag, den der "eigene" Computer für die Unternehmensleitung liefert eindeutig überschätzt. Die RZ-Branche wirbt für die "saubere" Problemlösung (Ergebnisse sofort sichtbar) - wenn "Papa" mitspielt, demnächst aus der Datex-P-Steckdose.

Daraus einen "Fall Service-RZ kontra MDT" zu konstruieren, wäre indes grundfalsch.

In Wahrheit kommen die Erzrivalen recht gut miteinander aus. "Datenverbund" lautet die Koexistenzformel. Grundgedanke: Zeitkritische Anwendungen werden auf der eigenen Kleinanlage gefahren, die Kern-Anwendungen "Buchhaltung" sowie "Lohn- und Gehaltsabrechnung" extern verarbeitet. Diese Argumentation ist bekannt. Sie unterschätzt das gewachsene Problembewußtsein im Erstanwender-Markt. Beide MDT-Verkäufer wie RZ-Dienstleister, tun so, als ob der Computer von selbst zum Werkzeug werde, als ob der Noch-nicht-Anwender bereits eine DV-gemäße Organisation habe.

Der Ursache nachzugehen, warum immer weniger Manager von Klein- und Mittelbetrieben bereit sind, ihre Unternehmensstruktur dem Computersystem anzupassen, haben sowohl die Bürocomputer-Produzenten als auch die Service-Rechenzentren versäumt. Wer hat schon die Courage, einen Interessenten erst einmal zu ernüchtern? Oder sollte bereits Allgemeingut sein, daß man sich mit "Hardselling" letztlich nur Eigentore einhandelt?