Primat der Organisation

23.09.1994

Betrifft CW Nr. 35 vom 2. September 1994, Seite 50: "PPS-Systeme brauchen gute Strategien fuer den Erfolg"

Der Autor empfiehlt die Abloesung eingefuehrter PPS-Systeme, die den Anforderungen nicht mehr gerecht werden, obwohl sie sich noch nicht amortisiert haben.

Welchen Anforderungen werden sie nicht gerecht und warum nicht?

Dringlichst warnen muss man gerade davor, sich in der Entscheidung fuer ein PPS-System auf die Informationstechnologie/-technik zu fokussieren und nicht auf das Primat der Organisation.

Nach wie vor wird der Produktionsprozess von Menschen gestaltet und nicht von Rechnernetzen und Software. Rechner und Software sind und koennen nur Werkzeuge zur Unterstuetzung der Ablaeufe sein.

Bereits vor vielen Jahren hat das RKW in einer kleinen Broschuere festgestellt:

"Der Charakter eines Computers besteht darin, dass er als Verstaerker wirkt. Er macht eine schlechte Organisation noch schlechter. Er kann eine gute Organisation noch besser machen." Daran hat sich bis heute nichts geaendert. Deshalb sei die Frage gestattet, warum ein eingefuehrtes PPS-System abgeloest werden soll?

Wer hat hier zur Systemabloesung einen Handlungszwang?

Welche Folgen haette eine Abloesung unter Beruecksichtigung des (rein statistischen) Verhaeltnisses von Organisationskosten (einschliesslich Einfuehrung und Schulung) zu Soft- und Hardwarekosten von mindestens 4:1? Nicht eingerechnet ist dabei die nicht bezifferbare Akzeptanzschwelle bei den betroffenen Mitarbeitern.

War die erste Entscheidung wirklich falsch? Ist man einem Anbieter aufgesessen? Was ist jetzt zu tun?

Natuerlich ist bekannt, dass in den ersten Jahren nach der Einfuehrung der Marktwirtschaft im Osten Deutschlands viel verkauft wurde - im Westen war dies einige Jahre frueher -, was heute nicht mehr passt. Doch dann eine solche Strategie zu empfehlen halten wir fuer bedenklich, wenn nicht im Vorfeld alle Risiken, ausgehend vom Unternehmenszweck, umfassend geklaert werden. Eine Orientierung der Geschaeftsprozesse am Informationssystem vernichtet individuelle Staerken und beseitigt Schwaechen unzureichend, wie bereits festgestellt wurde.

Fuer deutsche Unternehmen, nicht nur in den neuen Laendern, ist es notwendig, ihre Wettbewerbsposition durch den Einsatz moderner Informationssysteme auszubauen - modern allerdings im Sinne von Integrationsfaehigkeit in das Unternehmen, Moeglichkeiten fuer Individualitaet und Adaptierbarkeit an sich veraendernde Prozesse und nicht zwingend modern im Sinne von High-end der Informationstechnik.

Norbert Wabnitz

Marketing & Akquisition

ER&P GmbH, Jena