Integration in die bestehende DV-Landschaft ist unerläßlich:

PPS-Markt setzt auf Kl-Software als Zugpferd

04.04.1986

Viele Aufgaben In der Produktionsplanung und -steuerung sind äußerst komplex und daher eigentlich nur von Experten zu meistern. Lösungswege lassen sich nicht in einfachen Programmierschritten beschreiben, und das Resultat selbst ist oft nicht eindeutig. Expertensysteme können hier Abhilfe schaffen, meint Klaus Hörnig.

Ähnlichkeitsplanung ist das tägliche Brot aller Produktionsplanung. Die Prozesse müssen möglichst rasch ablaufen, die Qualität der Pläne soll dabei erhalten bleiben. Ein Expertensystem kann dabei helfen. In seiner Wissensbasis ist die Struktur vorhandener Pläne mit allen Begründungen für die vielfältigen Abhängigkeiten abgespeichert.

Weiter kennt das Expertensystem Regeln über die Konsequenzen von Veränderungen der einzelnen Planungsparameter, Transformationsregeln und Qualitätskriterien. Sein Wissen bezieht das System aus den Erfahrungen der Planer und aus der kritischen Gegenüberstellung von ähnlichen Plänen.

Das Expertensystem kann nun mit Hilfe seiner Inferenzkomponente einen alten Plan modifizieren. Es beachtet dabei die neuen Vorgaben, die Qualitätskriterien und die Regeln aus seiner Wissensbasis. Es vermag sein Ergebnis zu begründen, indem es auf abgelegte Begründungen für vormalige Entscheidungen zurückgreift. Für spezielle Aufgaben, zum Beispiel für rotationssymmetrische Teile, werden solche Expertensysteme bereits in der Praxis eingesetzt.

Fungiert ein Expertensystem als Methodenbank, so muß es über die Charakterisierung von Fertigungsmethoden bezüglich Abmessungen, Qualität, Kostenaufwand, Automatisierungsgrad und Qualifikation des Anwenders Bescheid wissen. Es ermöglicht daher eine einheitliche und optimale Methodenauswahl im Unternehmen und begünstigt so unter anderem die schnelle Einarbeitung von neuen Mitarbeitern. Sein Wissen bezieht das System aus den Erfahrungen der Methodenplaner.

Weitere Einsatzmöglichkeiten gibt es im Investitionsbereich. Prognosen können hier nicht genau genug sein, und man sollte sie immer nach gleichen Prinzipien erarbeiten, damit sie vergleichbar sind. Expertensysteme können sich auch hier nützlich machen. In der Wissensbasis sind Regeln dafür abgelegt, wie sich aus Hypothesen Schätzungen für den Investitionsaufwand herleiten lassen.

Weiter verfügt die Wissensbasis über mögliche Hypothesen und Modelle samt aller vernünftigen Modifikationen. Andere Regeln stellen sicher, daß keine sich widersprechenden Hypothesen ins Spiel kommen.

Die Inferenzkomponente fordert eigenständig fehlendes Datenmaterial an, um die Hypothesen auf eine vernünftige Grundlage zu stellen. Sie ermittelt den Investitionsaufwand und macht Vorschläge zur Modifikation der Hypothesen. Sein Wissen schöpft solch ein Expertensystem aus der Betriebswirtschaft.

Expertensysteme zur Fehlerdiagnose und Störungsanalyse arbeiten bereits mit gutem Erfolg in der Praxis, zum Beispiel in der Elektrotechnik- und Automobilindustrie. Sie helfen dabei, Störungsursachen schneller aufzudecken und Fehler rascher zu beheben. Auf diese Weise tragen sie auch dazu bei, daß die Qualität im Kundendienstbetrieb einheitlich und gut wird.

Die Diagnosesysteme verfügen in ihrer Wissensbasis über Regeln, die Zusammenhänge von Störungen darstellen und die die Resultate der Betriebsdatenerfassung interpretieren. Ihre Inferenzkomponente ermöglicht es ihnen, von den Störungssymptomen ausgehend rückwärts zu schließen und so Störungsursachen zu ermitteln.

Die Mensch-Maschine-Kommunikation gerät immer mehr zum Engpaß im Produktionsprozeß: Die Leistungsfähigkeit der Rechner wächst zwar, aber ihre Begriffsstutzigkeit" wird kaum kleiner. Der Rechner zwingt weiterhin den Menschen zur Kommunikation in einer arg beschränkten DV-Kommandosprache.

Durch eine natürlichsprachliche Schnittstelle könnte sich das ändern: Die Kommunikation würde für einen Menschen leichter, der Rechner könnte mehr Befehle tolerieren und interpretieren, die Scheu der DV-Laien vor Berührung mit dem Rechner würde sinken. Experimentiersysteme zumindest zeigen die gewünschten Effekte und machen gute Fortschritte, obwohl der große Durchbruch noch nicht geschafft ist.

Die Wissensbasis solcher Expertensysteme besteht aus den Regeln zur Verarbeitung der natürlichen Sprache, also aus Syntax und Semantik. Die Inferenzkomponente interpretiert Sätze und setzt daraus die Anweisungen für den Rechner zusammen, außerdem synthetisiert sie die Antworten für den Benutzer.

Jeder Sprachkundige kann im Prinzip einem solchen Expertensystem als Lehrer dienen, insbesondere natürlich der potentielle Anwender. Im Test erläutert das Expertensystem, welche Regeln es jeweils angewendet hat, um diesen oder jenen Satz zu verstehen.

Natürlich ist damit die Liste möglicher Expertensysteme im Bereich PPS nicht komplett: Denkbar sind Systeme, die Fertigungsabläufe festlegen und so dafür sorgen, daß die Ressourcen besser ausgenutzt werden, daß die Arbeitsmonotonie für den Menschen verringert wird und daß die Qualität der Produkte steigt.

Andere Möglichkeiten bieten sich durch Systeme, die Bilder interpretieren. Eine Anwendung haben diese Systeme in Robotern, die ihre Umwelt sehen und verstehen und darauf in Echtzeit adäquat reagieren. Selbstverständlich würden sich für solche Systeme vielfältige Anwendungsmöglichkeiten überall in der Produktionssteuerung erschließen. Aber es wird noch viel menschliche Intelligenz kosten, bis diese Systeme funktionieren - und sei es auch nur in eng umrissenen Anwendungen.

Eine Reihe von größeren Unternehmen steht an dem Punkt, wo Expertensysteme interessant werden. Erste Schritte zur Einführung solcher Software werden sicher darin bestehen, realisierte Applikationen bei Anwendern und an Universitäten kennenzulernen, womöglich Standardprodukte zu prüfen.

Wie bei der Einführung aller DV-Systeme ist es dann das wichtigste, ein Gesamtkonzept zu entwickeln und den neuen Automationsbaustein in die DV-Landschaft des Unternehmens zu integrieren.

Das Gesamtkonzept muß auch die Akzeptanz der neuen Lösung vorbereiten und die sozialen Folgen abschätzen. Der Bedarf an qualifizierten Kräften wird steigen. Es ist also erforderlich, Personal zum Wissensingenieur und zum Spezialprogrammierer auszubilden. Dabei gilt, daß die richtige Strukturierung des Wissens im zukünftigen Expertensystem um so wichtiger wird, je größer die Vielfalt an Produkten und Methoden ist, mit denen sich das Expertensystem auseinandersetzen muß. In komplexen Systemen kann nur bei sorgfältigster Strukturierung der Wissensbasis der Suchaufwand im Rahmen des technisch Möglichen gehalten werden.

Dr. Klaus Hörnig ist Mitarbeiter der GEI Systemtechnik, Geschäftsstelle München.

Anforderungen an ein PPS-System

Bei Änderungen am Produkt dürfen keine notwendigen vorbereitenden Maßnahmen vergessen werden. Die korrekte Ausführung des gesamten Änderungsaufwandes muß in möglichst kurzer Zeit erfolgen. Moderne und einheitliche Methoden sollten von allen benutzt werden, die die Produktion planen und steuern.

Der Investitionsaufwand für eine Produktänderung muß möglichst genau abzuschätzen sein. Wenn der Einsatz von Personal, Maschinen und Lagerraum geändert wird, so ist es nötig, den Investitionsaufwand dazu gegenüber dem zu erwartenden Rationalisierungsgewinn verläßlich beurteilen zu können.

Fertigungsabläufe müssen so planbar sein, daß sie eine gute Auslastung von Mensch und Maschine gewährleisten. aber auch eine abwechslungsreiche Arbeit für den Menschen ergeben. Hilfen zur Fehlerdiagnose sollen rasch die Ursache von Störungen herausfinden und Vorschläge für ihre Beseitigung machen.

Die Bedienung der DV-Systeme, die in ihrer Vielfalt eine keineswegs einheitliche Systemwelt widerspiegelt, ist zu unterstützten. Managementinformationen müssen aus den Datenmengen herausdestilliert werden.