Portalhochzeit trifft T-Online

21.03.2005
United Internet setzt mit dem Kauf von Web.de auf Skaleneffekte.

Den Zeitpunkt der Übernahme des Kerngeschäfts von Web.de hatte Ralph Dommermuth, CEO von United Internet (UI), gut gewählt: Kaum hatten andere Firmen auf der CeBIT ihr Nachrichtenpulver verschossen, brachte die "Allianz" den deutschen Internet-Markt gehörig durcheinander. Das für 330 Millionen Euro in bar und Aktien gekaufte Portalgeschäft von Web.de katapultiert UI in den Bereichen Portalnutzer, Seitenabrufe und Werbevolumen vor den Rivalen T-Online an die Spitze des Marktes. Beim Web-Hosting lag das Unternehmen sowieso schon weit in Front. Dafür gab Dommermuth vorerst den zuvor offensiv verkündeten Plan auf, in ein eigenes Netz zu investieren. Immerhin hatte ihm die Drohung bessere DSL-Resale-Konditionen bei der Deutschen Telekom eingebracht.

Für UI hat der Web.de-Deal insofern Charme, als dass künftig kaum ein Online-Werbetreibender um die Websites des Konzerns herumkommt. Dommermuth will 2005 rund 15 bis 20 Prozent des heimischen Web-Werbemarktes abdecken. Zudem hat das Unternehmen mit der Übernahme seinen ersten Platz unter den deutschen Internet-Werten im Tecdax gefestigt, wenn T-Online reintegriert und von der Börse genommen wird. Institutionelle Investoren werden sich das Papier aus Montabaur künftig genauer anschauen müssen. Außerdem hat UI mit Web.de seinen Vertriebskanal im Internet deutlich ausgeweitet und kann die Produkte nun unter den hinzugewonnenen Kunden vermarkten.

Verstecken musste sich UI allerdings auch bis zu der Übernahme nicht, denn die Zahlen sind seit einigen Quartalen sehr solide ausgefallen. So stieg der Umsatz 2004 um knapp 23 Prozent auf 509,7 Millionen Euro, das Nettoergebnis belief sich auf 35,4 Millionen Euro und lag rund zehn Millionen Euro über dem Vorjahreswert. Für das laufende Jahr ist Dommermuth optimistisch: Umsatz, Ergebnis und Nutzer sollen um 20 bis 30 Prozent zulegen. Web.de steigerte die Einnahmen 2004 auf 43 Millionen Euro, der Nettoverlust lag bei 2,4 Millionen Euro.

Ungewiss ist indes die Zukunft von Web.de, das nun einen neuen Namen finden muss und sich ganz der Internet-Telefonie verschrieben hat. In einigen Jahren wolle man Weltmarktführer in dem Bereich sein, hieß es. Zuletzt belief sich der Umsatz des Geschäftsbereichs, der nicht an UI verkauft wurde, auf 700000 Euro. Startkapital für einen Neuanfang ist jedenfalls genug vorhanden. (ajf)