HP-Projekt im Mobile Payment

Polnische Banken geben Apple Pay kontra

24.11.2014
In Deutschland fristet Mobile Payment immer noch ein Nischendasein. Wie es funktionieren könnte, verdeutlicht ein Blick in das Nachbarland Polen, wo die Banken die Entwicklung massiv vorantreiben.

Nicht nur der IT-Konzern Apple sagt derzeit mit Apple Pay der Geldbörse den Kampf an. Unter anderem plant auch der weltweit operierende Einzelhandelskonzern Walmart mit CurrentC ein eigenes Bezahlsystem. Und schon heute wickelt die Kaffeehauskette Starbucks rund zehn Prozent aller Zahlungen in den USA über mobile Kanäle ab. Als eines der Erfolgsbeispiele in Deutschland gilt die mobile Bezahllösung von myTaxi für unterwegs, die auch in Spanien und den USA zum Einsatz gelangt.

Blicken wir aber auf die derzeit aussichtsreichste Initiative: Apple Pay virtualisiert die vorhandene Kreditkarte und macht diese über das iPhone kontaktlos, indem sie als Schnittstelle und Plattform zwischen Kreditkarte und Händler fungiert. Über eine App, einen Chip im neuesten iPhone oder über die neue Apple-Uhr sowie an den Terminals in Geschäften sollen die Kunden zunächst in den USA bezahlen. Dazu kooperiert Apple mit Visa, Mastercard und Amex. Zusätzlich Schwung und Reichweite in die Initiative hinein tragen die amerikanischen Geldinstitute, allen voran die Bank of America, Wells Fargo, Chase, Citi und Barcleys.

PKO Bank Polski startete bereits 2012

Ersetzt auch in Europa das Mobilfunktelefon zunehmend die Kreditkarte und das Bargeld beim Shopping-Erlebnis? Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des IT-Branchenverbands Bitkom setzen gerade jüngere Verbraucher beim Gang zur Kasse künftig verstärkt auf das Smartphone. Danach kann sich jeder Fünfte in Deutschland ab 14 Jahren vorstellen, keine Geldbörse mehr mitzunehmen und nur noch mit dem Smartphone zu bezahlen. Hochgerechnet auf die gesamte Bevölkerung entspräche dies immerhin einer Zahl von rund 14 Millionen Bundesbürgern.

Um das Potenzial der mobilen Bezahldienste in Europa zu verdeutlichen, hilft ein Blick ins Nachbarland Polen: Die PKO Bank Polski ist nicht nur die größte Universalbank des Landes, sondern auch der Marktführer in Zentral- und Osteuropa. Im Frühjahr 2012 entschloss sich das Finanzinstitut dazu, das gesamte Debit-Portfolio in eine kontaktlose Lösung zu überführen. Die Basis für diesen Innovationsschub: Das Land mit rund 38,5 Mio. Einwohnern ist durch eine große Offenheit gegenüber neuen Bezahlmethoden gekennzeichnet.

Nicht erst morgen, sondern schon heute steht das Mobiltelefon bei der PKO Bank Polski im Zentrum der neuen Bezahlwelt. Das mobile Endgerät ermöglicht es den Kunden der PKO Bank Polski, direkt am Bargeldautomaten Geld abzuheben. Ebenso wie Zahlungen im Netz oder am mobilen Verkaufspunkt, einschließlich weiterer Varianten wie dem direkten Bezahlen zwischen Personen (P2P-Payment) oder das Einlösen von Gutscheinen im Offline-Modus. Höchste Priorität genießen dabei die Aspekte Datensicherheit und Datenschutz. So stellt die von HP entwickelte Lösung den zentralen Authentifizierungsprozess einschließlich aller mobilen Zugangsdaten sicher. HP fungiert auch als Dienstleister, der das neue System gemeinsam mit der polnischen Bank weiter entwickelt und pflegt.

Die deutschen Banken hinken beim Thema Mobile Payment noch hinterher.
Die deutschen Banken hinken beim Thema Mobile Payment noch hinterher.
Foto: SeanPavonePhoto - Fotolia.com

Ein in der Cloud angesiedeltes, speziell entwickeltes Interface nennt sich "Hewlett-Packard Technologies for Payment". Diese IT-Architektur sorgt für einen sicheren und reibungslosen Datentransfer. Das offene Lösungskonzept eignet sich unter anderem sowohl aktiv als auch passiv für das mobile Bezahlen auf Basis der Near Field Communication (NFC). Aber auch diverse weitere Bezahloptionen sind damit möglich, zum Beispiel via POS, P2P, Remittance, Online-Kanal, Man-to-machine und ATM. Darüber hinaus unterstützt die IT-Architektur auch weitergehende Mehrwertdienste wie das Ticketing, Loyalty-Programme, Voting-Systeme oder digitale Coupons.

Projektbilanz

Die Projektbilanz beim polnischen Marktführer kann sich sehen lassen: Bereits zweieinhalb Monate nach dem Startschuss des vor zwei Jahren gestarteten Pilotvorhabens war die Anzahl der Transaktionen bei der PKO Bank Polski auf über zwei Millionen Euro angewachsen. Fast ein Viertel davon erfolgte über den Geldautomaten (ATM) und jeweils rund 15 Prozent über stationäre Verkaufsterminals oder im Netz. Parallel dazu begannen in Polen nach und nach rund 40.000 POS-Terminals und mehrere tausend Online-Shops damit, Zahlungen auch über die mobile Variante zu akzeptieren.

Drei Monate später, also rund ein halbes Jahr nach dem Projektstart, nutzten das System bereits mehr als 50.000 Kunden, eine deutlich steilere Wachstumskurve als sie vergleichbare Wettbewerber aufzuweisen hatten. Mittlerweile schreitet die Entwicklung im Nachbarland Polen weiter voran. "Basierend auf den bisherigen Erfahrungen zeichnet sich nun ein lokaler De-facto-Branchenstandard für das Mobile Payment ab, auf den bereits über 20 Banken und Payment Service Provider setzen", so Volker Fischer, Leiter Geschäftsentwicklung im Bereich Financial Services bei HP Deutschland. Geplant sei nun in Kürze der landesweite Roll-out einer neuen Bankeninitiative, die die Verfügbarkeit Ende 2015 auf über 1,5 Millionen Nutzer bringen soll.

Verbundlösung von Banken?

In Deutschland hinkt die Entwicklung dem großen Vorbild Apple in den USA allerdings noch hinterher. Vor allem fehlt es den Lösungen an der einfachen Handhabung. Zudem müsse die breitflächige Verfügbarkeit eines neuen Bezahlsystems direkt am Verkaufsplatz noch deutlich zunehmen, bestätigt auch die Technologieberatung Accenture. Gerade in diesem Punkt kommen auch die Banken und Sparkassen mit ihren eigenen Initiativen bislang kaum voran.

Aus Kosten- und Effizienzgründen empfiehlt HP-Mann Fischer deshalb aus Bankensicht eine Lösung im Bankenverbund als die aussichtsreichste Gestaltungsoption. "Wir benötigen in Deutschland eine ähnliche Entwicklung wie Apple sie derzeit mit führenden US-Banken und Kreditkartenanbietern in Angriff genommen hat", gibt der Experte zu bedenken.

Volker Fischer wünscht sich für den deutschen Bankensektor einen gemeinsamen Standard für Mobile Payment.
Volker Fischer wünscht sich für den deutschen Bankensektor einen gemeinsamen Standard für Mobile Payment.
Foto: HP Deutschland

Welchen Königsweg auch immer die Banken nehmen werden - das große Potential der mobilen Lösungen bestätigt eine aktuelle Studie von eMarketer. Danach dürften allein in den USA dieses Jahr Transaktionen in Höhe von 3,5 Milliarden US-Dollar über mobile Endgeräte abgewickelt werden, immerhin doppelt so viele als im vergangenen Jahr. Der Branchendienst eMarketer geht auch davon aus, dass jeder zehnte amerikanische Smartphone-Besitzer in diesem Jahr mobile Bezahllösungen einsetzt. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis auch Deutschland auf den Innovationszug aufspringt. (sh)