Mixed-Hardware: Tabus, Verträglichkeiten, Software-Verstrickungen

"Platz ist im kleinsten Gehäuse"

12.11.1976

Bei der "universellen" EDV kam der Austausch "originärer" Peripheriegeräte und Hauptspeicher-Moduln durch kompatible Produkte unabhängiger Hersteller dem Durchbrechen eines Tabus gleich - das ist sechs bis sieben Jahre her. Bis dahin wurden praktisch alle Peripheriegeräte von den Computer-Herstellern selbst geliefert. Dann kam die Wende.

Ende der 60er Jahre drängten die PCM's (Plug Compatible Manufacturers) auf den Markt. Sie lieferten Systeme, die den Spezifikationen der Rechnerhersteller entsprachen und darüber hinausgehende Eigenschaften hatten (schneller waren) - zu niedrigeren Preisen.

Und dennoch: Diese Hersteller decken heutzutage kaum mehr als 26 Prozent des Peripheriegeräte-Marktes ab - den Löwenanteil haben nach wie vor die Mainframer.

Hauptargument derjenigen Benutzer, die "hersteller-treu" bleiben: Die Verantwortung ruht bei einem Hersteller. IBM & Co. haben mit ihrer "Wartungspolitik" auch nicht gerade dazu beigetragen, Bedenken in Sachen "Mixware-Verträglichkeit" abzubauen.

Besser aus einer Hand?

So sind es vor allem Anwender, die auf kürzere Lieferzeiten, niedrigere Kosten oder ein besseres Preis/Leistungsverhältnis Wert legen, die von dem Angebot der PCM's Gebrauch machen. Denn Einsparungen sind vornehmlich bei Platten-Subsystemen, die häufig den kostspieligsten Einzelposten eines Systems darstellen, durch Mixen allemal drin. Zumal PCM-Produkte einen hohen Qualitätsstandard erreicht haben. Daran kann's nicht liegen, daß immer noch "Reinrassigkeit" vorherrscht. Einschränkend sollte in diesem Zusammenhang gesagt werden, daß - besonders bei den Winchester-Laufwerken des Typs 3330 - die Verbindung zum Computer nicht ganz einfach ist, weil ein gewisses Maß an Software-Unterstützung erforderlich ist.

50 Prozent Einsparungen

Etwas anders die Situation bei Minicomputern: Hier war der Einsatz von Mixed-Hardware von Anfang an das Normale: Hersteller wie DEC oder Data General betonen, "daß sie Werkzeuge statt fertige Lösungen verkaufen" - ergo besteht kaum die Gefahr von "Software-Verstrickungen", wenn Fremdgeräte wie Platten, Bänder, Drucker angeschlossen werden. Auf Hardware-Ebene ist es leicht, verträglich zu sein: Platz für eine zusätzliche Steckkarte ist im kleinsten Gehäuse

So ist eigentlich nicht verwunderlich, daß sich bei den Minis in jüngster Zeit ein starker Trend zu Fremdspeichern abzeichnet.

Stecker-kompatible Add-On-Memories für DEC's PDP-11-Rechner oder die Nova-Serie von Data General gibt es etwa bei Ampex, Data 100, Dataram, Electronic Memories und Plessey um nur einige Firmen zu nennen. Beim Fremdspeicherkauf sind erfahrungsgemäß Einsparungen bis zu 50 Prozent realisierbar. Diese Möglichkeit interessiert jedoch wohl mehr das Systemhaus, den "Original Equipment Manufacturer" (OEM), der als "Wiederverkäufer" sich aus dem breiten Angebot die passenden Hardwares zusammenstellt, um sie dann - oftmals modifiziert - dem "Endverbraucher" zusammen mit entsprechender Anwendungssoftware als "schlüsselfertiges System" anzubieten.

Was da so an Turnkey-Lösungen herauskommt, braucht den Vergleich mit herkömmlichen Universalrechnern und MDT-Anlagen nicht zu fürchten: Hersteller-neutrale EDV-Berater klagen eher, daß sich diese Tatsache noch nicht genügend herumgesprochen hat.

Für den "Normalverbraucher" dürfte von größerer Bedeutung sein, daß viele Minicomputer-Hersteller heute Magnetband- und Plattenspeichersysteme anbieten, die "Datenträgerkompatibilität" zur IBM-Peripherie bieten, was den Einbau von Minicomputern beispielsweise als Knotenrechner oder Datenstationen in Verbundsysteme erleichtert (Resource-Sharing).

Die Anschlußmöglichkeit "mainframe-kompatibler" Datenspeicher an Minicomputer ist aber auch aus einem anderen Grund von Bedeutung: Applikationen, für die noch vor wenigen Jahren ein Universalrechner eingesetzt wurde, kommen heute mit einem Mini aus -nur lagen eben bis vor kurzem Großraumspeicher etwas außerhalb dessen, was die Mini-Hersteller zu vertretbaren Preisen anbieten konnten.

Wie sieht es nun bei zum Mixen geeigneten Plattenlaufwerken aus? Zunächst zu den Kassetten-Laufwerken: Sie werden gewöhnlich in zwei Hauptkategorien unterteilt - die 5440-Version zum Einlegen von oben (Top-Loader) und den 2315er-Typ zum Einlegen von vorn (Front-Loader). Beide Typen werden von mehreren Herstellern geliefert. Sie haben die gleichen Betriebsdaten und die gleiche Kapazität wie ihre IBM-Pendants. Insofern ist bei der Frage, ob irgendeines dieser Fremdprodukte für den Anschluß geeignet ist, lediglich der Gesichtspunkt der Medienkompatibilität von Belang.

Falls hersteller-eigene Systeme emuliert werden sollen, ist eine Standardisierung der Laufwerke zu empfehlen - das EDV-Zentrum ist dann in der Lage, bei der Beschaffung von Disk-Packs größere Rabatte auszuhandeln.