500-Mark-Angebot der Alldephi ist für PKI-Aktionäre unrentabel:

Philips' Bossers entzog sich dem Anlegerzorn

23.06.1989

NÜRNBERG (CW) - Den Unmut praktisch sämtlicher Minderheitsaktionäre haben sich Vorstand und Aufsichtsrat der Philips Kommunikations-Industrie AG zugezogen, als sie versuchten, die restlichen freien Anteile unter Wert einzukaufen. Der Münchner Aktienexperte Rolf Badenberg, Partner von CW-Börsenkolumnist Arnd Wolpers, schildert die Hintergründe.

Einen Kurssturz: über 20 Prozent löste Mitte Mai das Abfindungsangebot von 500 Mark für eine PKI-Aktie aus. Vorausgegangen war eine Aufstockung der Beteiligungsquote durch Alldephi, die deutsche Philips-Holding, auf über 78 Prozent zu Kursen über 542 Mark, verbunden mit dein Dementi einer in Börsenkreisen aufgetauchten Übernahmevermutung.

Weder die Bekanntgabe der Unternehmensverträge noch die Begründung der Höhe des Abfindungsangebots wurde von einer Pressekonferenz begleitet, die Erklärungen für die Diskrepanz von Börsenkurs und Höhe des Abfindungsangebots hätte liefern können. Der Kurs der PKI-Aktie krachte daraufhin von 720 Mark auf 550 Mark. Als Begründung für die unzulängliche Informationspolitik mußten Terminschwierigkeiten herhalten.

Der wahre Grund dürfte jedoch woanders liegen: Bei Bekanntgebe des Abfindungsangebots war das Doppelvorstandsmitglied ( Alldephi und PKI) und Aufsichtsratsmitglied Cornelis Bossers noch im Amt (bis Ende Mai) und hätte sich zu den Vorgängen äußern müssen. Wie hätte Bossers erklären sollen, daß er deutlich über dem Wert des Abfindungsangebots gekauft hat? Vielleicht um mit der qualifizierten Mehrheit die Kleinaktionäre mürbe zu machen und zu deutlich niedrigeren Kursen die Restaktien einzusammeln?

Daß die außenstehenden Aktionäre auf das Abfindungsangebot einsteigen, glaubt heute auch der neue Vorstandsvorsitzende Manfred Conrad nicht, da sich der Börsenkurs schon wieder auf das Niveau von 570 eingependelt hat, und die Aktie sich bei der vorgeschlagenen Dividendengarantie von 19,50 Mark mit 5,3 Prozent für zunächst fünf Jahre rentiert.

Die Erklärungen der Alldephi für das Abfindungsangebot muten für Insider wie ein Eiertanz an:

- den Minderheitsaktionären könnten die finanziellen Belastungen nicht zugemutet werden, die die hohen Vorleistungen im Zuge der Deregulierung der Telekommunikationsmärkte mit sich bringen;

- den Minderheitsaktionären, die mit der bewußten Einordnung der PKI in die Philips-"Globalstrategie" den Eindruck hätten, ihre Interessen würden denen des Konzerns untergeordnet, soll eine Aufstiegsmöglichkeit geboten werden.

Beides würde ohne weiteres über den Markt reguliert.

- Alldephi könnte künftig bei Kapitalerhöhungen, an denen die Minderheitsaktionäre nicht teilnehme möchten, die jungen Aktien übernehmen;

- Minderheitsaktionäre, denen die Unternehmensstrategie nicht gefällt, körnten ihre Aktien über die Börse (bislang noch im variablen Handel) verkaufen.

Der Nürnberger Vorstand ist an Weisungen gebunden

Wenn man weiß, daß durch den Beherrschungsvertrag der Vorstand des beherrschten Unternehmens (PKI) weisungsgebunden ist und selbst von ihm als nachteilig erachteten Verkäufen von Betriebsteilen oder Produktionsverlagerungen zustimmen muß, so versteht man die Bemühungen des neuen Vorstandsvorsitzenden Conrad, die Zweifel zu zerstreuen, daß das Unternehmer nicht in der bisherigen Form bestehen bleibe.

Es sei nicht beabsichtigt, Teile des Unternehmens, etwa Computer oder Kabel (Umsatz 300 bis 400 Millionen Mark), abzustoßen. Auch Gespräche mit Siemens wurden bestritten. Vielmehr ist Expansion angesagt.

Neben der Übernahme der Entwicklungs- und Produktverantwortung für Telekommunikation und Data Systems der Philips weltweit würden der Glasfaserkabelbereich (neues Werk in Köln für 15 Millionen Mark), die Übertragungs- und Netzabschlußtechnik sowie die Dienstevermittlung (Einstieg bei der Deutschen Mailbox Holding) forciert.

Im Jahr 1988 war das Ergebnis von PKI bei sieben Prozent Umsatzsteigerung (ohne die erstmalig einbezogene Bunker Ramo drei Prozent) deutlich rückläufig. Die Umsatzrendite fiel von 4,5 Prozent auf 4,1 Prozent. Finanzchef Michael Günther erwartet eine" Normalisierung" der Ertragslage auf etwa 3,5 Prozent.

Die Frage, ob er diese Rendite anstrebe, löste ein Schmunzeln in der Journalisten-Runde aus; dahinter steckte auch der ernste Zweifel, ob nicht versucht werde, die Ertragsperspektiven möglichst schlecht darzustellen, um so den niedrigen Abfindungskurs zu rechtfertigen.