Spruch des Bundesarbeitsgerichtes stärkt Betriebsräten den Rücken:

Personaldaten-Systeme in Frage gestellt

21.09.1984

MÜNCHEN (hh) - Auswirkungen auf das Personalwesen in größeren Betrieben erwarten Administrationsexperten durch einen Spruch des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) aus Kassel. In letzter Instanz hat das BAG ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der automatisierten Verarbeitung von Leistungs- und Verhaltensdaten bejaht. Brisanz gewinnt dieser Spruch durch die nunmehr mögliche Einbeziehung von Personalinformationssystemen in das Mitbestimmungsrecht und die daraus entstehend Konsequenzen für die Personalverwaltung.

In einer ersten Pressemitteilung zum Aktenzeichen 1 ABR 23/82 vom 14. September sieht das BAG in Anlehnung an den Wunsch der Gesetzgeber die Gefährdung der Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers bei einer automatisierten Verarbeitung von Leistungs- und Verhaltensdaten für größer an als bei einer Überwachung mit herkömmlichen Mitteln.

Aus diesem Grund bejaht das BAG hier die Anwendung des ° 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz.

Aktueller Anlaß zu diesem Spruch war eine Rechtsstreitigkeit zwischen dem Gesamtbetriebsrat der Rank Xerox GmbH und der Geschäftsführung. Die Kundendiensttechniker des Unternehmens sollten, so heißt es in der Pressemitteilung des BAG, nach den Plänen des Unternehmens in einem Techniker-Berichtssystem einen Beleg ausfüllen, in dem neben produkt- und leistungsbezogenen Angaben auch die Personalnummer des Technikers einzutragen sei. Die Auswertung erfolgt mittels DV. Der Gesamtbetriebsrat war der Ansicht daß auf diese Weise auch die Leistung und das Verhalten des Mitarbeiters überwacht werden könne und macht daher sein Mitbestimmungsrecht geltend, das von zwei Vorinstanzen ebenfalls befürwortet wurde.

"Freudig überrascht" zeigte sich der Xerox-Betriebsratsvorsitzende Peter Glienke, über dieses Ergebnis. Eine Betriebsvereinbarung, die vorbehaltlich dieses Entscheides zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretern abgeschlossen worden sei, werde wohl nun überarbeitet werden müssen.

Die Ansicht, daß nach einer schriftlichen Urteilsbegründung des BAG auch andere freiwillige Vereinbarungen aufgekündigt werden, vertritt auch Bernd Hentschel, Vorstandsvorsitzender der GDD.

Obwohl die Auswirkungen des Entscheides auf die Personaldatenverarbeitung allgemein als erheblich angenommen werden, sieht Glienke momentan noch Schwierigkeiten bei der breiten Anwendung der neuen Möglichkeiten. "Wir haben zwar bei der Neueinführung automatisierter Systeme zur Personaldatenverarbeitung nun mitzureden, aber bis das Vorhandene aufgearbeitet sein wird streicht einige Zeit ins Land", so der Betriebsratsvorsitzende. Hierzu seien insbesondere bei der modernen DV Gutachter und Spezialisten erforderlich. Nur bei Neusystemen werden die Funktionalität und die Möglichkeit der Datenverknüpfung schon im Vorfeld der Einsatzplanung verständlich offengelegt.

Schwierig wird die Situation nach Meinung des GDD-Vorstands Hentschel insbesondere auch für die Arbeitgeber. So verlange der Staat bereits 214 personenbezogene Angaben auf der Basis von 126 verschiedenen Gesetzen. Diese Daten, zu denen grobklassifiziert Angaben zur Person, sowie berufliche, arbeitsvertragliche und soziale Daten gehören, fielen natürlich nicht unter den Mitbestimmungspassus.

Der freien Verknüpfung von Dateien durch den Arbeitgeber selbst aber ist durch diesen Spruch Raum entzogen. Kommentar eines Betriebsrates aus der Automobilbranche: "Wir verfolgen die Angelegenheit mit großem Interesse und werden zu gegebener Zeit entsprechende Schritte einleiten."