Personalisierung/Individuelle Content-Aufbereitung hört nicht beim Web-Surfer auf

Persönlicher Service auf jedem Endgerät

18.05.2001
Kunden über Web-Seiten individuell ansprechen zählt schon bald zur Pflichtübung eines Unternehmens. Doch müssen Firmen demnächst auch ihre mobile Klientel mit personalisierten Inhalten versorgen können. Der mehrkanalige E-Commerce verlangt geeignete Softwaresysteme sowie die Trennung von Inhalt und Layout. Von Marcus Rieks* und Frank Ladwig*

Künftig bekommen auch Anwender von PDAs individuelle Inhalte präsentiert. Von den Top-Hits der Charts über die neuesten Fußballergebnisse bis hin zu den aktuellen Szene-Infos oder auch den Stand einer Online-Auktion - dies alles soll der Konsument im Teenager-Alter in Zukunft auf dem mobilen Endgerät finden. Gleiches gilt für ältere Semester, die sich möglicherweise eher für Börsenkurse, Theateraufführungen oder auch den Kauf einer neuen Limousine interessieren. Das System des Internet-Anbieters sorgt dafür, dass der mobile User bei der Bestellung einer Theaterkarte auch gleich einen Restaurantvorschlag unterbreitet bekommt. Dabei hat es sich die Vorlieben des Nutzers für bestimmte Lokalitäten "gemerkt" und schlägt eine Auswahl vor, etwa "den Spanier" in unmittelbarer Nähe zum Schauspielhaus. Ebenso könnte das System auch gleich verschiedene Parkhäuser in der Nähe anzeigen.

Die Personalisierungssoftware des Anbieters wäre auch in der Lage, bestimmte Offerten zu machen: Bei einer Warenbestellung erhält ein kauffreudiger Kunde zum Beispiel die Aufforderung "Buy three, get one free", für einen anderen zurückhaltenderen Käufer könnte die Botschaft "Buy two, get one free" lauten.

Noch bis vor wenigen Jahren basierte die Interaktion im Internet lediglich auf dem Benutzernamen und einem Passwort. Heute kann sich der Kunde an einer Website anmelden und erhält in der Regel schon auf einfache Weise personalisierte Information auf Basis von Attributen. Die Parameter kann der Besucher selbst eingeben, oder das System erstellt ein Profil anhand des Surf- und Bestellverhaltens und aktualisiert dieses fortlaufend. So reagiert zum Beispiel das System der Direkt Anlage Bank AG in München auf die Aktionen des Anlegers und präsentiert nach Auswertung der gewonnenen Daten spezielle Angebote. Hierbei muss Klarheit darüber herrschen, welche Informationen über die Klientel für welchen Zweck von Bedeutung sind. Wenn diese Grundlagen vorhanden sind, lassen sich Interaktions-Workflows einrichten, die auch mobile Endgeräte einbeziehen. So kann zum Beispiel die Ankündigung neuer Produkte oder Services einer Versicherung nicht nur per E-Mail auf den PC, sondern per SMS auch auf das Handy versendet werden.

Nach Ansicht des Marktforschungsunternehmens Forrester Research würden schon heute 30 Prozent der Handybesitzer mobil einkaufen, gäbe es entsprechende Geräte und Dienste. Bereits in gut drei Jahren sollen rund 80 Prozent aller Handys Internet-fähig sein und jeder zweite Handy-Besitzer mobil einkaufen, so die Analysten. Dabei wird er vor allem Produkte und Dienstleistungen erwerben, die durch eine spontane Entscheidung ausgelöst werden wie beispielsweise Tickets, Reisen und Transportleistungen.

Was zum gegenwärtigen Zeitpunkt fehlt, sind geeignete Netzinfrastrukturen, die Personalisierungsfunktionen auf mobilen Endgeräten erlauben. Für interaktive M-Commerce-Anwendungen muss die Übertragungsbandbreite in Mobilfunknetzen auf mindestens das Dreifache steigen, meinen die Fachleute bei Forrester Research. Hier wird die Branche wohl auf UMTS warten müssen. Für mobile Anwendungen gilt heute in der Regel immer noch die normale GSM-Kommunikation mit 9,6 Kbit/s. Erst mit der breitbandigen UMTS-Technik sind Datentransfers wie im Festnetz möglich. Die Entwicklungen gehen aber allesamt in diese Richtung. So hat zum Beispiel die Deutsche Telekom auf der CeBIT ein schnurloses Internet-Terminal via schnellem T-DSL- oder ISDN-Zugang mit drahtloser Dect-Anbindung vorgestellt. Das "T-Sinus Pad" bietet damit einen mobilen Internet-Zugang innerhalb der Wohnung oder im Garten. Ein ähnliches Gerät hat der Elektronikkonzern mit dem "Gigaset 4600 SIM Pad Mobile Internet Pad" vorgestellt. Sobald diese Geräte auch über eine UMTS-Connectivity verfügen, steht dem personalisierten M-Commerce nichts mehr im Wege.

Doch auch die Softwaresysteme der Anbieter müssen dieser Entwicklung Rechnung tragen, indem sie sowohl das genutzte Gerät als auch die Eigenschaften der Netzinfrastruktur erkennen, über die sich der Kunde einwählt. Bisher war es in der Regel so, dass auf statischen HTML-Seiten Content und Layout miteinander verwoben sind. Diese Inhalte aufzubereiten und zu aktualisieren gestaltet sich für den Inhalteanbieter aufwändig, wenn eine Vielzahl von Endgerätetypen versorgt werden muss. Inhalt und Layout sollte das Projektteam daher voneinander trennen. Auf diese Weise lassen sich Text, Bilder und Videoclips jeweils an einer Stelle speichern und aktualisieren. Ein Content-Management-System passt dann diese Inhalte an das jeweilige Endgerät an, mit dem der Besucher die Site ansteuert. Vorteilhaft ist das Speichern der Inhalte in einem endgeräteunabhängigen Format, etwa auf Basis von Extensible-Markup-Language(XML-)Dokumenten. Den medienneutralen Content bereitet die Software dann mittels endgerätespezifischer Formatvorlagen, den Stylesheets, auf. Letztere berücksichtigen nicht nur die Display-Eigenschaften, sondern auch die Netzbandbreite der Geräte. Die grafische Aufbereitung ist erst in dem Moment wichtig, wenn sich der Kunde an der Website mit seinem jeweiligen Endgerät anmeldet. Durch Personalisierungsmechanismen wird zuerst das Endgerät beziehungsweise der Web-Browser des Anwenders und dann die Identität des Kunden ermittelt.

*Marcus Rieks ist Projekt-Manager E-Business, Frank Ladwig Produkt-Manager bei Materna in Dortmund.

Weltweite Nutzer des drahtlosen Internet(in Millionen) / 2000 / 2001 / 2002 / 2003 / 2004

Wireless Subscribers / 469 / 643 / 821 / 1006 / 1192

Wireless Internet Nutzer / 6 / 16 / 77 / 190 / 322

M-Commerce-Anwender / 22 / 65 / 139 / 249 / 373

Quelle: Ovumm

Internet-fähige mobile Endgeräte, 1999 bis 2003 (in Millionen, weltweit)Jahr / Europa / Asia-Pacific / US/Kanada / Lateinamerika / Naher Osten / Afrika

1999 / 0,26 / 4,0 / < 0,04 / 0,0 / < 0,01 / 0,0

2000 / 20,24 / 13,55 / 6,50 / 1,27 / 2,0 / 0,90

2001 / 104,58 / 48,72 / 42,23 / 12,04 / 10,90 / 4,86

2002 / 204,66 / 119,01 / 103,33 / 44,40 / 30,13 / 13,56

2003 / 273,45 / 187,19 / 158,69 / 101,48 / 54,04 / 23,68

Quelle: Dataquest