CEO Gary Greenfield wirbt um Vertrauen für seine Company

Peregrine kehrt zu den Wurzeln zurück

18.10.2002
MÜNCHEN (CW) - Trotz Bilanzskandal, Schulden und derzeitiger Zahlungsunfähigkeit hat Peregrine Systems eine Zukunft. Die Kunden müssen sich in puncto Investitionssicherheit keine Sorgen machen. Dies sind die Kernaussagen des seit Juni amtierenden neuen CEO Gary Greenfield, der im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE den weiteren Kurs der Firma skizzierte.

Falschbuchungen von Umsätzen in Höhe von über 250 Millionen Dollar über einen Zeitraum von elf Quartalen, das Delisting von der Nasdaq, die Entlassung von mehr als 1400 Mitarbeitern und damit knapp der Hälfte der Belegschaft, die Beantragung von Gläubigerschutz nach Paragraph elf des US-amerikanischen Konkursrechts - schlimmer kann es für ein Unternehmen eigentlich nicht mehr kommen. Doch für CEO Greenfield waren die Ereignisse der vergangenen Wochen eher ein reinigendes Gewitter. Die Tatsache, dass Peregrine nun unter "Chapter 11" steht, sei für ihn eher eine "positive Nachricht". Ziel von Chapter 11 sei es nicht, "ein Unternehmen abzuwickeln, sondern Gläubiger und die betroffene Firma an einen Tisch zu bringen, um nach einer tragfähigen Lösung zu suchen".

Dass diese in absehbarer Zeit gefunden wird, steht für Greenfield außer Zweifel. Auch deshalb äußert sich der CEO nur sehr bedeckt zu etwaigen Fehlern des früheren Managements. Unter der Leitung von Stephen Gardner hatte die im kalifornischen San Diego ansässige Company seit 1997 mehr als ein Dutzend anderer Softwarefirmen aufgekauft, darunter den B-to-B-Spezialisten Harbinger für 2,1 Milliarden Dollar und den Anbieter von CRM- und Helpdesk-Lösungen Remedy für 1,1 Milliarden Dollar - absolute "Mondpreise", wie Branchenkenner schon seinerzeit kommentierten. Gardner wollte aus dem Nischenanbieter im Bereich Infrastruktur-Management eine umfassende E-Business-Company formen. Herausgekommen ist ein Portfolio von über 100 verschiedenen Softwaretools. Peregrine hatte in der Folge ein "Integrationsproblem", wie viele Analysten die Misere der Company trocken kommentierten. Greenfield hält indes nicht viel von kritischer Vergangenheitsbewältigung und wertet die Tatsache, dass Remedy vor kurzem wieder für 350 Millionen Dollar an BMC Software verkauft wurde, um Löcher in der eigene Bilanz zu stopfen, als "sinnvolle strategische Maßnahme". Auch die ehemaligen Harbinger-Business-Units stehen zum Verkauf, bestätigt Greenfield.

Apropos Löcher: Zweifel an der finanziellen Substanz des Unternehmens lässt Greenfield nicht aufkommen. Man habe noch vor der Beantragung des Gläubigerschutzes eine neue Kreditlinie bei den Banken in Höhe von 110 Millionen Dollar ausgehandelt. Zudem sei das derzeitige Betriebsvermögen der Company auf rund 600 Millionen Dollar taxiert worden. Kunden und Geschäftspartner könnten daher auf den weiteren Gang der Dinge "vertrauen". Künftiger Kurs des Unternehmens werde die "Rückbesinnung auf alte Kernkompetenzen" im Bereich Infrastruktur-Management sein, wo man sich zusammen mit Computer Associates (CA) nach wie vor als der führende Anbieter sieht. Einen konkreten Zeitpunkt, wann Peregrine eine testierte Bilanz für die drei zurückliegenden Geschäftsjahre vorlegen und damit wieder die Notierung an der Nasdaq in Betracht ziehen kann, nennt der CEO indes nicht. Man habe erst zwei der elf strittigen Quartale "aufgearbeitet" und somit noch "einen weiten Weg" vor sich. (gh)