PCs per Direktversand: Dell nutzt alte Handelsstrategie

27.03.1992

Dells Erfolg erweckt den Neid der Konkurrenz. Dabei nutzen die Texaner nur ein uraltes Handelsprinzip: Mit der Verbreitung und Standardisierung einer Ware läßt sich der Handelsweg verkürzen. Zwischen- und Einzelhändler werden durch den Direktvertrieb übersprungen.

Auch das Geschäftsjahr 1991/92 (31. Januar) wurde ein Erfolg für das Unternehmen. Nach 546 Millionen Dollar Umsatz im Vorjahr wurden knapp 890 Millionen Dollar erwirtschaftet.

Der Reingewinn belief sich auf 50,9 Millionen Dollar oder 2,11 Dollar je Aktie. Die Nettomarge bewegt sich damit bei knapp sechs Prozent. Die Eigenkapital-Rendite liegt bei 18 Prozent. Das Unternehmen hat so gut wie keine Verbindlichkeiten.

Der Erfolg, eine erneute Rentabilitätssteigerung im vergangenen Geschäftsjahr trotz abschmelzender Margen, war nur durch eine konsequente Kostenkontrolle möglich. Der operative Aufwand sank, ungeachtet des erhöhten Wettbewerbsdrucks, gemessen am Umsatz, von knapp 25 auf unter 24 Prozent.

Darüber hinaus zeichnet sich das Unternehmen durch erfolgreiche Kontrolle des eingesetzten Kapitals und ein profitables Liquiditäts-Management aus. Dell konnte deshalb, trotz Margendrucks und verstärkter Investitionsanstrengungen, im abgelaufenen Geschäftsjahr die Nettomarge noch einmal um ein knappes Prozent steigern.

Während der Umsatz in den USA 1991/92 um 56 Prozent stieg, verdoppelte sich der Auslandsumsatz der Dell-Aktivitäten im vierten Quartal des vergangenen Geschäftsjahrs. Überdurchschnittliches Wachstum der ausländischen Tochtergesellschaften soll zum nächsten Umsatzschub beitragen. Sechs der Europatöchter sind weniger als ein Jahr alt.

Überraschend gab Dell Mitte März bekannt, daß in Zukunft Xerox die PCs des texanischen Herstellers in neunzehn Ländern in Latein-Amerika vertreiben wird. Damit verstärkt sich die Vetriebsbasis in diesem für US-Unternehmen vor der eigenen Haustüre liegenden Markt nachhaltig. Xerox sieht in der Zusammenarbeit eine Chance, die eigene Marktstellung zu stärken.

Mit einem derzeitigen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 17 wäre Dell, gemessen am in der Vergangenheit bewiesenen Ertragswachstum, eigentlich zu niedrig bewertet. Andererseits spiegelt sich in dieser unterdurchschnittlichen Bewertung eines Wachstumswertes die Skepsis der Branche an der Zyklizität der Gewinnentwicklung von PC-Hardware-Unternehmen wider.

Die Rentabilitätsanstrengungen von Dell haben jedoch die Latte für Nachahmer des Direktvertriebs-Weges höher gelegt. Deshalb sollte es dem Unternehmen möglich sein, weiterhin überdurchschnittliche Margen zu erwirtschaften. Bei einem Umsatzziel von 1,3 Milliarden Dollar für 1993 und angepeilten knapp drei Dollar Gewinn je Aktie hat der Kurs noch Potential. Der Kauf empfiehlt sich nur nach Rückschlägen, und dann mit knappen Stop-Loss.

*Arnd Wolpers ist Geschäftsführer der Vemögensverwaltungsgesellschaft CMW GmbH in München.