Mangelhafte DV-Unterweisung bremst Nutzen von Mikro-Einsatz:

PC-Euphorie geht am Mittelstand vorbei

11.12.1987

KOBLENZ (CW) - mit der Note "Mangelhaft" tadeln mittelständische Unternehmer die Schulung und Beratung durch PC-Hersteller und -Händler. In sieben von zehn Betrieben wird der Mikrocomputer nämlich bisher nur unzureichend genutzt. Diese Ergebnisse erbrachte ein Forschungsprojekt über den PC-Einsatz in mittleren Betrieben. das die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) zusammen mit der IHK Koblenz durchführte.

Die Erhebung wandte sich an alle mittelständischen Unternehmen (ab 20 Mitarbeiter) des Kammerbezirks. Sie wollte insbesondere den Kenntnisstand der Unternehmen über Einsatzmöglichkeiten sowie Probleme bei Anschaffung und Betrieb der PCs untersuchen, ferner wurden Fragen nach den vorhandenen Hard- und Softwarekomponenten gestellt, beschreiben die Autoren Ludwig Bertsch und Jürgen Wetzer von der WHU. Mittlerweile liegen die Ergebnisse der Umfrage in 1574 Unternehmen vor (Rücklaufquote 41 Prozent).

Es zeigte sich, daß PCs gerade in 51 Prozent der befragten Unternehmen zu finden sind; weitere 12 vom Hundert gaben an, aktuell mit der PC-Einführung befaßt zu sein. Die verbleibenden 37 Prozent halten den PC-Einsatz in ihrem Unternehmen entweder nicht für sinnvoll oder haben sich mit diesem DV-Instrument noch nicht beschäftigt.

Überraschenderweise sind gerade die kleineren Unternehmen noch nicht mit PC ausgerüstet (44 Prozent), wohingegen nahezu alle Betriebe mit 500 bis 1000 Beschäftigten Mikros einsetzen. Branchenbezogen ergeben sich ebenfalls erhebliche Unterschiede.

In den Unternehmen befinden sich vorwiegend technisch schlecht ausgestattete Geräte. Die Standardkonfiguration umfaßt keine oder nur die kleinstmögliche Festplatte sowie einen Hauptspeicher von weniger als 512 KB. An Peripherie sind meistens nur Low-Cost-Matrixdrucker zu finden.

Anders als häufig in Umfragen dargestellt, dominieren bei der verwendeten Software nicht die Programme für Datenbankanwendungen oder Tabellenkalkulationen. Vielmehr werden meist spezielle Branchenprogramme sowie Standardpakete für Finanzbuchhaltung und Lohnabrechnung eingesetzt. Ein überraschend hoher Anteil (41 Prozent) der Unternehmen gab zudem an, Anwendungen selbst erstellt zu haben.

Die Entscheidung zur Anschaffung von PCs bleibt im Mittelstand in neun von zehn Fällen eine Sache der Geschäftsleitung. Die betroffenen Endbenutzer werden nur in den seltensten Fällen mit in den Auswahl- und Anschaffungsprozeß einbezogen. Hierin mag der Grund liegen, kommentieren die beiden Wissenschaftler aus Koblenz, daß die Geräte im Durchschnitt mehr als die Hälfte des Arbeitstages ungenutzt bleiben.

Vor allem die ältere Mitarbeiter-Generation weiß nichts mit dem PC anzufangen, lautet ein weiteres Ergebnis. So ist nur rund jeder zehnte PC-Anwender älter als vierzig Jahre. Hinzu kommt, daß in dieser Anwendergruppe überproportional viele Probleme bei der Arbeit mit dem PC auftauchen.

Die am häufigsten von den Unternehmen genannten Vorteile des PC-Einsatzes sind die verbesserte und schnellere Datenauswertung, die möglichen Rationalisierungseffekte sowie das gute Preis/Leistungs-Verhältnis. Als gravierende Nachteile indes nennen über die Hälfte aller Befragten "nicht passende" Programme sowie schlechte Beratung. Hieraus folgern der Betriebswirtschafts-Lehrstuhlinhaber Weber und sein Mitarbeiter Bertsch, daß die Schulungs- und Beratungsaktivitäten von Herstellern, Händlern und anderen Organisationen immer noch nicht genügend auf die Zielgruppe "Mittelstand" zugeschnitten sind: Über 70 Prozent der Befragten glauben nämlich, daß in ihren Unternehmen PCs unzureichend genutzt werden.

Weniger technische Superlative und ständige Modellwechsel sind also gefragt, resümieren die Koblenzer, sondern zielgruppenbezogene Beratung und zweckadäquate Systemlösungen.

Status quo bei PCs

51 % PC im Einsatz

12 % PC in der Einführung

37 % PC "nicht sinnvoll"

PC-Warteschleife

40 % PC im Einsatz in kleineren Betrieben ab 20 Mitarbeiter

90 % PC im Einsatz in Unternehmen zwischen 500 und 1000 Beschäftigten