Ostbrandenburg noch im argen

03.06.1994

FRANKFURT/ODER (ms) - Der Industrieforschung in Ostbrandenburg widmete sich der im Mai veranstaltete "4. Technologietag Frankfurt/Oder" - organisiert von der Gesellschaft zur Foerderung von Wissenschaft und Wirtschaft e.V. (GFWW). Rund 100 Teilnehmer aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik trafen sich im neu erbauten Frankfurter Business and Innovation Center (BIC), um Ideen fuer die "Wachstumsbranche Elektronik" zu erarbeiten. Die Ostbrandenburger Region, das Dreieck zwischen Frankfurt/Oder, Eisenhuettenstadt und Guben, soll sich zu einem fortschrittlichen Technologiestandort entwickeln, forderten die Initiatoren des 4. Technologietags Frankfurt/Oder. Allerdings waeren dafuer industrienahe Forschung- und Entwicklung (FuE) noetig. Diese sind jedoch nach dem Zusammenbruch der ostdeutschen Wirtschaft kaum noch vorhanden.Hans Richter, Vorstandsvorsitzender des GFWW im Institut fuer Halbleiterphysik Fankfurt/Oder, verlangte vor allem von den Politikern mehr Aktivitaeten. Foerdermittel, so meinte er, sollten nach wirtschaftlichen Schwerpunkten vergeben werden. Dabei muesse man besonders kleine und mittlere Firmen, die bereits jetzt den industriellen Kern in der Region repraesentieren, staerker unterstuetzen. Das Land Brandenburg habe zwar seine Wissenschaftszweige mit Universitaeten und anderen Hochschulen neu strukturiert, jedoch sei im industriellen Bereich "vieles im Selbstlauf" entstanden. Nun muesse wieder eine Industrielobby entstehen. Die Basis soll das aus DDR-Zeiten vorhandene Humankapital sein. Von den ehemals 14 000 Arbeitsplaetzen in der Region sind zur Zeit nur noch 2000 vorhanden. Grosse Hoffnungen setzt die Arbeitsgruppe "Regionale Strukturentwicklung" der GFWW auf die Ansiedlung innovativer Unternehmen "rund um den attraktiven Standort Frankfurt/Oder" und in die bereits etablierten Firmen am Ort. Zu ihnen zaehlt das ehemalige Halbleiterwerk Fankfurt/Oder - die heutige System Microelectronic Innovation GmbH (SMI; siehe Computerwoche Nr. 1 vom 7. Januar 1994, Seite 33). Von den ehemaligen 8000 Mitarbeitern des Unternehmens sind noch rund 390 in Lohn und Brot. Das neue Initiativpapier der GFWW, das in Frankfurt vorgestellt wurde, empfiehlt fuer den Aufbau der Industrieforschung im oestlichen Brandenburg, FuE-Gruppen fuer die jeweiligen Entwicklungszweige anzusiedeln. Demnach sollen sich in Frankfurt/Oder die Sensor- und Solartechnik, Nanoelektronik, Logistik sowie das Elektronikschrott-Recycling etablieren. Die Stahlregion Eisenhuettenstadt koennte zu einem Standort fuer die Oberflaechen- und Fuegetechnik sowie das Kfz-Recycling werden. Guben moechte seine FuE-Kapazitaeten auf die Gebiete Daemmstoffe, nachwachsende Rohstoffe und Kunststoff-Recycling konzentrieren. Die Forschungsgruppen werden in einem Zeitraum von drei Jahren "an den Standorten als Keimzellen fuer eine innovative Industriestruktur wirken", heisst es in dem Aufbauplan des GFWW. Mit Hilfe staatlicher Mittel soll somit die Technologieszene in Ostbrandenburg gefoerdert werden.